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Pressemitteilung, Kurdische Gemeinde Deutschland 

Für uns Kurden ist Deutschland in erster Linie ein Ort der Zuflucht, weil wir als politisch und rassistisch verfolgte Minderheit hier Freiheit und ein Hort der Rechtstaatlichkeit fanden. Daher vertrauen wir auf die Korrektivkräfte der Deutschen Demokratie und an die mehrheitlich lautere und pluralistische Einstellung ihrer staatlichen Organe und setzten uns auch jetzt konstruktiv dafür ein, dass sich dieses bedauerliche und schmerzhafte Versagen der deutschen Sicherheitsstellen nicht wiederholt. Und das nicht nur, weil mindestens drei der Opfer Kurden waren.

Zweifelsohne hat der NSU-Ausschuss eine wertvolle Arbeit bei der Aufdeckung des Versagens unserer Sicherheitsstellen geleistet. Nun muss der Prozess vor dem OLG München diese Arbeit in Bezug auf das individuelle Verschulden der Angeklagten und ihre „Hintermänner“ fortsetzen, damit verloren gegangenes Vertrauen in unseren Rechtsstaat schnellstens zurückgewonnen wird.

Dazu erklärt der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Ali Ertan Toprak: “Zwar entlarvte die Rekonstruktion der Ermittlungsarbeit der deutschen Exekutive vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss eine äußerst befremdliche Voreingenommenheit, diskriminierende Gesinnung in manchen Teilen unserer Sicherheitsbehörden, aber neben dem unglücklichen Agieren der deutschen Sicherheitsstellen, sollte unseres Erachtens auch die Rolle der türkischen Ermittler hinterfragt werden, die nach unseren Informationen schon relativ früh in die Ermittlungen der Deutschen Sicherheitsbehörden einbezogen waren!”

Die bisherige Kritik der Medien und der politisch Verantwortlichen an der Ermittlungsarbeit richtete sich nämlich nur an die Adresse der Deutschen Sicherheitsbehörden. Tatsache ist aber, dass auch türkische Sicherheitsorgane im Rahmen der internationalen kriminalistischen Amtshilfe bei der Aufklärung der NSU-Mordserie einbezogen waren.

Damit stellen sich in diesem Zusammenhang folgende Fragen:

– Wurde eigentlich im parlamentarischen Untersuchungsausschuss auch der Beitrag der türkischen Ermittler hinterfragt?

– Wie weit wurden die türkischen Sicherheitsorgane involviert?

– Wurden sie möglicherweise nur von den deutschen Ermittlern instrumentalisiert, um die sich nun als falsch erwiesene „Milieutheorie“ zu stützen?

– Oder hatte vielleicht auch der türkische Sicherheitsapparat selbst ein Interesse die linken türkischen und kurdischen Organisationen als mögliche Täter ins Visier zu nehmen?

Ali Ertan Toprak: „Es wäre zu wünschen, dass auch das Türkische Parlament ähnlich konsequent, wie hier in Deutschland, die Arbeit ihrer Ermittler kritisch hinterfragen würde.“
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KGD 2013