A FLAG WITHOUT A COUNTRY

A FLAG WITHOUT A COUNTRY


Auf dem internationalen Münchener Filmfestival vom 23.06. – 02.07.2016 werden die Filme des kurdischen Regisseurs Bahman Ghobadi gezeigt (Retrospektive).

Retrospektive Bahman Ghobadi

Leben an der Grenze: Der Pionier des kurdischen Kinos

Wie kein anderer erzählt Bahman Ghobadi aus der Mitte des kurdischen Volks heraus und nutzt das Medium Film, um die schwierige geopolitische Situation im Mittleren Osten einem breiten Publikum zu vergegenwärtigen. Ghobadi wurde 1969 im kurdischen Teil des Irans nahe der irakischen Grenze geboren. Er drehte die ersten kurdisch-sprachigen Filme, die international Beachtung fanden, und gehört zu den wichtigsten iranischen Filmemachern.

Bahman Ghobadi

Bahman Ghobadi

Bahman Ghobadi drehte schon in seiner Jugend erste Kurzfilme und studierte Fotografie und Film in Teheran. Anschließend arbeitete er u.a. als Regieassistent von Abbas Kiarostami (DER WIND WIRD UNS TRAGEN). Sein Spielfilmdebüt ZEIT DER TRUNKENEN PFERDE (2000) machte ihn über Nacht international bekannt. Im ersten kurdischen Langspielfilm in der Geschichte des iranischen Kinos stehen Kinder im Mittelpunkt, die sich im Krisengebiet durchschlagen müssen – schlau, tapfer und schmerzlich angepasst. Auch sein dritter Spielfilm SCHILDKRÖTEN KÖNNEN FLIEGEN (2004) ist aus dem Blickwinkel von Kindern erzählt, die in einem Flüchtlingslager an der irakisch-türkischen Grenze leben. Beispielhaft ist hier der herzerwärmende Witz mit dem er der Tragik der Handlung begegnet.

Ayoub Ahmadi in ZEIT DER TRUNKENEN PFERDE

Ayoub Ahmadi in ZEIT DER TRUNKENEN PFERDE

Ghobadis eigene Jugend war geprägt vom Iran-Irakkrieg. Immer wieder greift er auf Laiendarsteller zurück, deren reales Leben tatsächlich so aussieht wie auf der Leinwand. Und Musik spielt in den Filmen Ghobadis eine große Rolle. In VERLOREN IM IRAK (2002) sind drei Musiker auf den Spuren einer Sängerin unterwegs. HALF MOON (2006) handelt von einem Komponisten, der sich als alter Mann mit seinen zehn Söhnen zu seinem Jubiläumskonzert aufmacht. NIEMAND KENNT DIE PERSIAN CATS (2009) über die Underground-Indie-Musik-Szene in Teheran filmte Ghobadi ohne offizielle Genehmigung und führte so das Thema Zensur einer größeren Öffentlichkeit vor Augen. Danach verließ er den Iran und lebt seither im Exil.

 

NIEMAND KENNT DIE PERSIAN CATS

NIEMAND KENNT DIE PERSIAN CATS

Dieses Schicksal spiegelt sich in der Geschichte des kurdischen Dichters Sadegh Kamangar, die Bahman Ghobadi in JAHRESZEIT DES NASHORNS (2012) erzählt. Kamangar wurde erst inhaftiert und ging nach seiner Freilassung ins Ausland. Auch der Hauptdarsteller Behrouz Vossoughi, ein Superstar des iranischen Kinos, lebt inzwischen in den USA. Immer wieder betont Ghobadi, dass er sein Land liebe, aber als Künstler im Iran zu arbeiten sei derzeit unmöglich.

Caner Cindoruk und Monica Bellucci in JAHRESZEIT DES NASHORNS

Caner Cindoruk und Monica Bellucci in JAHRESZEIT DES NASHORNS

 

Seine aktuellsten Projekte, der Spielfilm A FLAG WITHOUT A COUNTRY und der Dokumentarfilm LIFE ON THE BORDER (beide 2015), konfrontieren den Zuschauer mit dem Krieg in Syrien und liefern Bilder zum Zeitgeschehen jenseits der Medienberichterstattung. LIFE ON THE BORDER wurde von Ghobadi produziert, Regie führten Kinder, die selbst in Flüchtlings-Camps im Irak und in Syrien drehten. A FLAG WITHOUT A COUNTRY, der sich wieder um das Schicksal des kurdischen Volkes dreht, wird auf dem FILMFEST MÜNCHEN als Europapremiere gezeigt.

ZEIT DER TRUNKENEN PFERDE erhielt 2000 die Goldene Kamera und den Fipresci-Preis in Cannes ausgezeichnet. NIEMAND KENNT DIE PERSIAN CATS erhielt den Spezialpreis der Jury in der Reihe Un Certain Regard. SCHILDKRÖTEN KÖNNEN FLIEGEN wurde mit insgesamt sieben Publikumspreisen ausgezeichnet, u.a. in Rotterdam, San Sebastián, São Paulo und Tokio. Im Iran sind die Filme nur selten zu sehen.

SCHILDKRÖTEN KÖNNEN FLIEGEN

SCHILDKRÖTEN KÖNNEN FLIEGEN

Die Retrospektive auf dem Filmfest umfasst sämtliche Langfilme, den Kurzfilm DAF, den Episodenfilm WORDS WITH GOD, zu dem neben Ghobadi u.a. auch Amos Gitai, Emir Kusturica und Mira Nair Teile beisteuerten, sowie seine neueste Arbeit als Produzent, LIFE ON THE BORDER.

Bahman Ghobadi stellt sich am 27.06. um 18 Uhr bei Filmmakers Live in der Black Box im Festivalzentrum Gasteig den Fragen des Publikums und der Presse. Kostenlose Tickets sind an den Festivalkassen erhältlich.

Golshifteh Farahani in HALF MOON

Golshifteh Farahani in HALF MOON

Quelle: http://www.filmfest-muenchen.de/de/festival/news/2016/05/retrospektive-bahman-ghobadi/