30. Jahrestag des Sivas-Massakers

Am heutigen 2. Juli jährt sich zum dreißigsten Mal der Pogrom von Sivas.

Anlässlich eines Kulturfestivals zu Ehren des alevitischen Dichters Pir Sultan Abdal aus dem 16. Jahrhundert versammelten sich Alevit:innen aus der gesamten Türkei in der zentralanatolischen Stadt Sivas. Unter den Gästen des Festivals befand sich der Künstler Aziz Nesin, der kurz zuvor in einer von ihm herausgegebenen Zeitung Salman Rushdies „Satanische Verse“ publiziert hatte.

Nach dem Freitagsgebet strömten aus mehreren Moscheen der Stadt ca. 15.000 Menschen auf die Straßen und zogen vor das Hotel Madımak, wo sich Nesin und weitere Teilnehmer:innen des Festivals aufhielten. Über Stunden skandierte der Mob islamistische und gegen den Laizismus gerichtete Parolen, griff das Hotel immer wieder mit Steinen an. Die anwesende Polizei ließ sie dabei unbehelligt gewähren.

Am Ende der stundenlangen Ausschreitungen setzten der Mob aus Islamisten und Grauen Wölfen das Gebäude in Brand. Der 79jährige Aziz Nesin überlebte als einziger, er konnte über eine Leiter vor den Flammen fliehen. 37 weitere Menschen verloren gewaltsam ihr Leben

Über Stunden konnten die Angreifer frei agieren, während die Polizei und Behörden untätig zusahen.

Der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Ali Ertan Toprak, der an diesem Tag vor 30 Jahren selbst in die Türkei einreiste, sagt zu den schrecklichen Ereignissen: „Selbst nach 30 Jahren ist weder die türkische Gesellschaft noch der türkische Staat bereit, sich mit diesem Verbrechen auseinanderzusetzen. Im Gegenteil, man tut alles, damit das in Vergessenheit gerät. Das führt dazu, dass solche Verbrechen in der Türkei jederzeit wieder passieren können.“