PRESSEERKLÄRUNG: 72/ 2301-2016

pe-2016-23

Die gestrigen Regierungskonsultationen zwischen der Türkei und Deutschland hätten eine gute Gelegenheit geboten, um die kritische  Menschenrechtslage und Minderheitenpolitik in der Türkei zur Sprache zu bringen.

Ali Ertan Toprak, Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland ist enttäuscht, dass weder der offene Krieg gegen die kurdische Bevölkerung noch die Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei, die sich weiter dramatisch verschlechtert hat, von der Bundeskanzlerin aufgegriffen wurden.

Jüngst wurden über 1100 Wissenschaftler türkischer Hochschulen, die sich in einem Appell für Demokratie und einen Frieden in den kurdischen Gebieten aussprachen, kurzerhand zu Landesverrätern erklärt. Knapp 30 Wissenschaftler wurden verhaftet und allen anderen Unterzeichnern drohen Disziplinarmaßnahmen und Berufsverbote. Toprak sieht hierin eine gezielte Jagd der Islamistisch- konservativen Regierung gegenüber allen, die sich ihrer Regierungsmacht nicht beugen wollten und für europäische Werte in der Türkei kämpfen würden.

Toprak weist darauf hin, dass auch amnesty international den Krieg der türkischen Armee als eine Kollektivstrafe aller Kurden bewertet, der sich vor allem gegen Zivilisten richtet. Mittlerweile stehe der Militäreinsatz in der Zerstörung und Vernichtung kaum noch dem Krieg des syrischen Diktators Assad gegen seine eigene Bevölkerung nach.

Dass die Bundeskanzlerin das Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu nicht genutzt habe, um auf eine Deeskalation in der Türkei zu drängen, zeigt Toprak, wie sehr die Kanzlerin von der Flüchtlingskrise getrieben sei und alles andere ausblende. Einerseits begründet die Bundeskanzlerin die deutsche Flüchtlingspolitik mit Humanität, anderseits entwertet sie Ihre ganze humanitäre Politik nun selbst, in dem sie die Drecksarbeit der Schließung der Grenzen an einen Autokraten delegiert.

Das ausgerechnet die im Bürgerkrieg befindliche Türkei ein sicheres Herkunftsland sein solle, sei –so Toprak- ein historischer Trugschluss.
Die Kurden appellieren an die Vereinten Nationen, dringend auf Ankara einzuwirken, um den Krieg gegen die Zivilisten einzustellen. Hoffnung darauf, dass Deutschland zur Lösung des Konflikts beitragen könne, habe man nach diesem enttäuschenden deutsch- türkischen Gipfeltreffen nicht mehr.