Ein Bericht vom Prof. Dr. Hüseyin Bektas – 

Anfang August 2014 sind die Truppen der sog. IS in die Wohngebiete der Yezidischen Kurden im Sinjar-Gebirge im Irak einmarschiert und haben hunderte von Zivilisten massakriert, Frauen verschleppt und vergewaltigt. Aus Angst vor weiteren Gräueltaten sind in einer Panik etwa 630.000 Menschen mit dem, was sie am Körper trugen, um ihr Leben gelaufen. Sie flüchteten in einem Fußmarsch von etwa 8 Tagen vom Sinjar-Gebirge über Syrien in die Provinz Dohuk, Region Kurdistan /Irak. Neben den Yeziden sind auch Christen, Turkmenen und ebenfalls viele Araber auf der Flucht vor dem IS.

In der Autonomen Region Kurdistan /Irak leben zurzeit etwa 2 Millionen Flüchtlinge bei einer Einwohnerzahl von etwa fünf Millionen Einwohnern (Zahlen von 15.08.2014).

Die kurdische Regionalregierung tut alles in ihrer Macht Stehende, um dieser überproportionalen Zahl an Menschen zu helfen. Sie teilt mit den Flüchtlingen alles, was ihnen zur Verfügung steht. Seit November letzten Jahres zahlt die Zentralregierung in Bagdad keinerlei Finanzmittel mehr in das Budget der Regionalregierung trotz verfassungsrechtlicher Verpflichtung. Andere Formen der Unterstützung der irakischen Zentralregierung gibt es ebenfalls nicht. So muss die Region versuchen, sich durch die wenigen Einnahmen, die das Land durch Zölle einnimmt, und seit kurzem auch durch den Verkauf von Erdöl aus der Region über Wasser zu halten.

Das mittel- oder langfristige Problem wird sein, diese Menschen mit allen lebensnotwendigen Mitteln zu versorgen und ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben. Sie haben Grausames erlebt, sind hoffnungslos und wissen nicht, ob sie jemals zurückkehren können. Auch wenn ihr Land von der IS befreit wird, wissen sie nicht, was die Zukunft bringt. Sie haben den Glauben daran verloren, dass man sie langfristig in Ruhe und Frieden leben lässt, weil die Angreifer im Raum des Sinjar-Gebirges u.a. auch die Bewohner der benachbarten Dörfer waren.

Die niedersächsische Landesregierung hatte freundlicherweise uns eine Zuwendung für die humanitäre und medizinische Versorgung von den Flüchtlingen in Höhe von 200.000,00 Euro zukommen lassen und Herr Ministerpräsident Stephan Weil in einer öffentlichen Spendenaufruf zu Spenden auf das Konto von unseres Verband (Verband Kurdischer Ärzte in Deutschland e.V.) und S.A.Z. Kinderhilfswerk e.V. gebeten. Aufgrund dieser Finanziellen Grundlage und weiteren Spendengelder haben wir uns zur medizinischen Hilfe in den Nord-Irak begeben.

Beginn des Einsatzes:

Nach bekannt werden dieser humanitären Katastrophe haben wir als Verband Kurdischer Ärzte in Deutschland e.V. sofort gehandelt und unsere Kollegen (Ärzte der Mesopotamischen Medizin Kongress, hauptsächlich kurdische Ärzte) weltweit zur Hilfe aufgerufen. So konnte bereits in der ersten Woche eine Delegation von etwa 10 Ärzten aus Schweden und Deutschland zur sofortigen Hilfe nach Süd-Kurdistan geschickt werden. Nach den notwendigen Vorbereitungen und der Organisation von Spendergeldern löste nun die zweite Delegation die Kollegen vor Ort ab, die z.T. ihren Urlaub dafür nahmen.

Es wurde auch eine Ladung mit Medikamenten durch die Mitarbeit mit dem Zentralrat der Yeziden durch MEDEOR (www.medeor.de) organisiert. Diese Ladung (3,5 Tonen) erreichte per Flugzeug die Hauptstadt Erbil. Nach Überprüfung durch die Behörden wurden diese Medikamente nach Dohuk in das zentrale Medikamentenlager geliefert.

Aktuelle Zahlen und Fakten laut Angeben des Gesundheitsamtes Dohuk:

In der Provinz Dohuk leben laut Informationen des Direktors des Amtes für Gesundheitswesen vom 25.08.2014 etwa 1,2 Millionen Flüchtlinge bei einer Einwohnerzahl von insgesamt 1 Million Menschen. Die Provinz besteht aus vier Städten (Dohuk City 600.000, Zakho 190.000, Akre 150.000, Mahmur 50.000).

Etwa 630.000 dieser Flüchtlinge sind alleine in den letzten zwei Wochen in die Gegend angekommen. Hierbei handelt es sich neben den yezidischen Flüchtlingen aus Shingal ebenfalls um Christen, Turkmenen und auch Araber.In der ersten Woche haben die meisten dieser Menschen irgendwo im Freien gelebt. Sie haben alles zurückgelassen und sind mitten in der Nacht, lediglich mit dem, was sie in dem Moment bei sich hatten, geflüchtet. Etwa 90% der 630.000 Flüchtlinge der letzten 14 Tage sind mittlerweile in Schulen, Sportstadien oder Camps untergebracht. Nur noch wenige leben in den sogenannten „wilden Camps“. Das sind Lager, die durch die Flüchtlinge selbst auf irgendeinem freien Platz errichtet wurden. In den nächsten vier bis fünf Tagen werden vier neue Flüchtlingslager mit Kapazitäten für jeweils etwa 15.000 – 20.000 Menschen errichtet sein.

Die Provinz hat insgesamt 110 Krankenwagen (Ambulanzen). Davon arbeiten seit drei Wochen 84 Krankenwagen ununterbrochen 24 Stunden rund um die Uhr. Es wurden zum sofortigen Einsatz dringend zusätzliche 10 Ambulanzen angefordert. Benötigt werden weitere 64 Krankenwagen.

Jeden Tag wird so z.B. das Camp Derebun mit einer Tonne Medikamenten bedient. In dem zentralen Medikamentenlager in Dohuk sind nun keine Medikamente mehr vorhanden.

Zur medizinischen Versorgung werden deshalb dringend 15 Mil. Dollar benötigt. Von dem Ministerium wurde eine Liste der benötigten Medikamente zusammengestellt.

Seit Anfang der Flüchtlingswelle (vor drei Wochen) wurden im Provinz Dohuk 68.366 Flüchtlinge medizinisch behandelt.

122 Flüchtlinge mussten operativ versorgt werden (zumeist Kinder).

Insgesamt sind 1393 Flüchtlinge stationär behandelt worden.

Zusammensetzung der Delegation:

Die Delegation bestand aus 10 Ärzten aus England, Schweden, Deutschland und der Türkei sowie 3 Krankenschwestern, eine Apothekerin und eine Sozialökonomien. Außerdem waren drei Journalisten vom ZDF und der Vorsitzender des Zentralrates der Yeziden in Deutschland dabei.

Die Reise

Nach unserem Abflug aus Deutschland kamen wir in der Nacht von Montag auf Dienstag(18./ 19. August) in Diyarbakir in Nord-Kurdistan / Türkei an. In der Gruppe aus Hannover waren neben drei Ärzten auch die drei Mitarbeiter des Fernsehteams vom ZDF und der Vorsitzender des Zentralrates der Yeziden in Deutschland, Herr Telim Tolan. In Diyarbakir waren bereits weitere Ärzte aus Deutschland und eine Ärztin aus England anwesend.

Flüchtlingscamp in Diyarbakir-Türkei

Wir erfuhren, dass etwa 1000 Flüchtlinge auch in Diyarbakir angekommen waren. Diese wurden in vier Camps, in Schulen bzw. Sporthallen untergebracht. Bereits am nächsten Tag haben wir in Diyarbakir eines der Flüchtlingscamps im Sümerpark (Technologie- und Umweltzentrum) besucht. Dort waren 400 Flüchtlinge in einem geschlossnen und klimatisierten Sportstadion untergebracht. Es wurde sofort von der Ärztekammer Diyarbakir und die Gewerkschaft für Gesundheitsberufe auf freiwilliger Basis eine Versorgungsstation mit reichlich Medikamenten und 24 Stunden anwesendem Gesundheitspersonal eingerichtet.

Die Vorbereitung des Einsatzes in Diyarbakir und die weitere Reise zum Grenzübergang Habur

 Am 19 August kauften wir im eigentlichen Wert von etwa 24.000,00 US$ Medikamente, die wir zur Akutversorgung mitgenommen haben. Die Pharmaunternehmen und auch die Großeinkaufstelle der Apothekerkammer von Diyarbakir für Medikamente verzichteten erfreulicher Weise auf ihren Gewinn und spendeten selbst dazu, so dass die Medikamente zu einem Bruchpreis von etwa 6.000 Euro uns zur Verfügung gestellt werden konnten. Die Kosten hierfür wurden zum Teil von den Spendergeldern von KOMKAR und teilweise von uns übernommen.

Am Abend trafen wir uns in der Ärztekammer Diyarbakir mit 34 kurdischen Ärztevertretern aus der Region. Gemeinsam erarbeiteten wir einen Aktionsplan. In einer Liste für Freiwillige hatten sich bereits 250 Personen (150 Ärzte und 100 Pflegekräfte) eingetragen. Nach den Sommerferien wird diese Zahl wahrscheinlich um 400 erreichen.

Am Mittwoch den 20.08.2014 fuhren wir dann mit 15 Personen und den eingekauften Medikamenten Richtung Irak. Nach etwa 7 Stunden konnten wir endlich die Grenze passieren. Auf der kurdischen Seite wurden wir vom Direktor des Amtes für Gesundheit der Provinz Dohuk, dem Direktor des Amtes für Gesundheit des Distrikts Zakho und einigen anderen Ärzte empfangen. Sie waren über unsere Ankunft extrem erfreut.

Bereits an dem gleichen Tag besuchten wir in Zakho ein großes Flüchtlingslager (Derebun) mit etwa 31.500 Flüchtlingen und informierten uns über die Gesamtlage. An den folgenden Tagen wurden wir durch den zuständigen Kollegen in bereits vorhandene Teams eingeteilt und wir konnten dann in fünf Teams unsere Kollegen in verschiedenen Flüchtlingscamps, in den drei Krankenhäusern in der Stadt Zakho und in Mobilen Versorgungseinheiten unterstützen und die Flüchtlinge versorgen.

Jeder Arzt sieht pro Tag etwa 250-300 Patienten. In dieser aktuellen Situation vor Ort muss man als Arzt alle Fachrichtungen der Medizin beherrschen. Wir sahen zu diesem Zeitpunkt Patienten mit allen möglichen Krankheiten und jeden Alters in recht schlechtem Zustand. Die größten Leidtragenden der Flucht waren vor allem die Kinder. Gerade die ganz Kleinen litten unter extremem Durchfall, Dehydratation und Bronchitis. Derzeit herrschen in Süd-Kurdistan Temperaturen um 45°C. In der Nacht kühlt das Wetter bis auf 20°C ab. Dieser Temperaturunterschied macht bei fehlenden Matratzen und Decken sowie Kleidung extreme Probleme und verursacht Bronchitiden und Exsikkose.

Bei den Erwachsenen sind in erster Linie die chronischen, behandlungsbedürftigen Krankheiten wie Herzsuffizienz, Diabetes, Bluthochdruck, Niereninsuffizienz, Rheuma, Arthrosen, die durch die fehlende Therapie und Strapazen der mehrere Tage andauernden Flucht dekompensiert sind, anzutreffen. Während für die Akuttherapie genügend Medikamente zur Verfügung standen, gibt es erhebliche Versorgungsengpässe bei der Behandlung der chronischen Krankheiten durch fehlende Medikamente. Dies ist dadurch zu erklären, dass einerseits niemand auf einen so riesigen Ansturm von Flüchtlingen vorbereitet war anderseits es auch an finanziellen Ressourcen mangelt, weil wie bereits erwähnt, die Irakische Zentralregierung den verfassungsrechtlich verankerten Anteil des Budgets seit November 2013 nicht an die kurdischen Regionalverwaltung überweist.

Die Flüchtlingscamps

Flüchtlingscamp Derebun

In Derebun-Camp waren bei unserer Ankunft am 20.08.2014 etwa 31.000 Menschen untergebracht. Die Hälfte davon sind in den folgenden zwei Tagen in ein anderes neu errichtetes Camp umgesiedelt worden.

In dem Camp ist ein medizinisches Versorgungszentrum vorhanden. In dem Zentrum arbeiten zwei Ärzte, zwei Pflegekräfte und zwei Apotheker.

Das Zentrum besteht aus zwei Räumen (zwei Containern). In einem Raum werden die Patienten untersucht und behandelt. Der zweite Raum wird als Apotheke und Behandlungsraum zur Überwachung sowie zur intravenösen Verabreichung von Medikamente benutzt. Stromversorgung ist im Camp vorhanden.

Jeder Arzt sieht täglich etwa 250 Patienten. Die sanitären Anlagen sind dürftig und in einem sehr schlechten Zustand. Es fehlt an allem aber vor allem an Matratzen und Decken.

In der näheren Umgebung haben sich auch einige Familien (etwa 40-50) in den sog. „Wilden Camps“, die sie selbst eingerichtet haben, niedergelassen.

Etwa 3 km entfernt von diesem Lager baut die Türkei ein weiteres Lager für turkmenische Flüchtlinge.

Khanike (Xanike)Camp

Der Flüchtlingscamp Khanike (Xanike) ist ca. 35 km von Dohuk entfernt. Das Camp ist in dem Siedlungsgebiet Khanike erbaut. In dem gesamten Siedlungsgebiet leben laut Behörden etwa 60.000 Flüchtlinge. In dem erbauten Flüchtlingscamp sind 20.000

Menschen untergebracht. Die restlichen Flüchtlinge sind bei Verwandten, in Privathäusern, leeren Räumen, Schulen etc. untergebracht.

In dem Medizinischen Versorgungszentrum sind 7 Ärzte (auch Fachärzte) tätig. Das Versorgungszentrum ist das größte von allen Camps. Neben dem Versorgungszentrum auf dem Gelände wurde die Versorgung auch durch (mobile) Behandlungseinheiten in dem Siedlungsgebiet zusätzlich durch zwei Ärzte und zwei Pflegekräfte durchgeführt. Die Schwerkranken werden zur Weiterversorgung zum Versorgungszentrum auf dem Camp überwiesen. Jeder Arzt behandelt etwa 250 Patienten pro Tag.

Auch hier sind die Sanitären Einrichtungen sehr problematisch. Es fehlt an Kanalisation. Das Abwasser wird über gebauten Rinnen nach Außen geleitet. Besonders problematisch ist die Situation der Frauen, weil diese aus kulturell bedingtem Schamgefühl zurückhaltend agieren und tagsüber die Toiletten nicht aufsuchen.

In den Zelten, die wir unbedingt sehen sollten, fehlet an allem. Auch die Menge der verteilten Nahrungsmittel und Wasser sind knapp bemessen. Aus Mangel an Wasser haben die Flüchtlinge kaum die Möglichkeit, sich zu waschen. Dies verursacht zwangsläufig Probleme bei der Hygiene. Die Nahrung wird zentral über eine Zentralküche verteilt. Der Müll wird wohl täglich ein Mal abgeholt. Aber bei der hohen Anzahl der Menschen kommt es trotzdem nach kürzester Zeit zu einer beachtlichen Ansammlung an Müll.

Shariya Camp

Das Camp liegt etwa 20 km von Dohuk entfernt in der Gegend von Shariyia. Während in dem Camp selbst 12.000 Flüchtlinge untergebracht sind, leben weitere 13.000 in den umliegenden Wohngebieten in privaten Unterkünften bei Verwandten, in Schulen oder auf Baustellen. Gerade bei denen, die nicht in einem offiziellen Camp oder Einrichtung wie Schulen untergebracht sind, gab es laut Aussagen der Flüchtlinge ernste Probleme bei der Wasserversorgung und den sanitären Einrichtungen. Auch hier waren die hygienischen Verhältnisse trotz aller Mühe von Seiten der Behörden erwartungsgemäß unbefriedigend.

In dem medizinischen Versorgungszentrum waren zwei Ärzte, zwei Zahnärzte und mehrere Pflegekräfte tätig. Täglich werden etwa 800 Patienten versorgt. Jeder Arzt sieht täglich etwa 260 Patienten. Bei Bedarf werden weitere Ärzte nachgeschickt. Schwererkrankte werden zur stationären Versorgung in die umliegenden Krankenhäuser überwiesen. In dem Zentrum sind acht Betten zur Überwachung bzw. Behandlung von Patienten vorhanden. Bei hohen Patientenaufkommen gibt es immer wieder Engpässe bei der Versorgung mit Medikamenten.

In diesem Gebiet sind auch die Ärzte ohne Grenzen mit 6 Ärzten tätig, die ihren Schwerpunkt mit ihren mobilen Einsatzwagen auf die zerstreut in den sog. „Wilden Camp“ lebenden Flüchtligen gelegt haben.

Es soll hier im Auftrage von der UNO von der noch ein Camp für 20.000 Menschen gebaut werden.

Bacide Kendala Camps

Es gibt mittlerweile zwei Camps. Das Bacide Kendala Camp I und Bacide Kandala Camp II. In das Bacide Camp II wurden die 16.000 Flüchtlinge von Derebun Camp umgesidelt. In dem Bacide Camp I, worüber hier berichtet wird, leben 20.000 Menschen. Dieses Camp existiert seit 18 Tagen.

Das medizinische Versorgungszentrum besteht aus drei Containern. Auch hier werden täglich etwa 800 Menschen medizinisch versorgt. Jeden Tag arbeiten ein bis zwei Ärzte und 34 Pflegekräfte in dem Zentrum. Die Pflegekräfte sind alle selbst Flüchtlinge aus Shingal und arbeiten ehrenamtlich. Täglich werden etwa 500 i.m. Injektionen verabreicht. Am Beginn jeder Zeltreihe gibt es ein Wasserzentrum mit mehreren Wasserhähnen. Trotzdem reicht das nicht. Die sanitären Einrichtungen sind ebenfalls magelhaft und stellen ein Problem dar.

Das gilt auch für das Abwasser. Auch hier wird das Abwasser über eine gebaute Rinne nach Außen ausgelietet.

Vielen Kinder spielen in den Abwässern. Sie tragen fast keine Kleidung, die meisten von ihnen auch keine Schuhe.

Zakho Zentrum

Im Region Zakho sind etwa 170.000 Flüchtlinge insgesamt untergebracht. Teile von diesen Menschen leben in der Stadt Zakho. Eine genauere Zahl konnte nicht ermittelt weren, weil täglich neue Flüchtlinge hinzu kommen.

Die Flüchtlinge sind in allen städtischen Einrichtungen wie Schulen, Sportstadien usw. untergebracht. Es leben aber auch viele in den sog. “ Wilden Camps” in nicht fertig gestellten Bauten, in Parkanlagen oder leer stehenden Häusern, Läden usw. Ganz besonders gibt es bei jenen, die in den „Wilden Camps“ leben, aufgrund der mangelnden sanitären Eınrichtungen erhebliche Probleme. Die Behörden haben in die Nähe dieser Camps Toiletten und Wassertanks aufgestellt, die regelmäßig aufgefühlt bzw. entleert werden.

Die medizinische Versorgung läuft über die mobilien Einheiten. Die Flüchtlinge können allerdings jederzeit eines der drei Krankenhäuser aufsuchen. Dort erhalten sie kostenlose Behandlung.

Das Gebiet Ba’adre

Das Wohngebiet Ba’adre liegt etwa 40 km von Dohuk entfernt. Normalerweise leben dort etwa 11.000. Menschen. Es sind nun 25.000 Flüchtlinge dazu gekommen. Hier wurden die Flüchtlinge in den Schulen und privaten Unterkünften untergebracht. Auch hier gab es erwartungegemäß Probleme bei der Versorgung mit Betten, Decken und Nahrungsmitteln.

In dem medizinischen Versorgungszentrum arbeiten zwei Ärzte und etwa 30 medizinisches Hilfspersonal und Pflegekräfte. Während im Normalfall pro Tag etwa 70 Patienten versorgt wurden, werden jetzt täglich 250 Patienten behandelt. Hier fehlten mehrere Medikamente.

Lales (Lalisch)

Lalisch ist das größte Heiligtum der Yeziden. Hier leben normalerweise 20 Mescnhen zur Bewachung des Heiligtums. Im Moment leben in Lalisch etwa 2500 Mesnchen. Die Flüchtlinge sind in allen freien Räumlichkeiten und Bereichen untergebracht. Es gibt eine Zetralküche, von der aus die Menschen mit Essen versorgt werden. Auch hier git es Mangel an Nahrungsmitteln, Kleidung, Matratzen, Decken usw.

In dem vorhanden medizinischen Versorgungszentrum arbeiten drei Pflegekräfte. Ärzte kommen unregelmäißg. Es gibt eine Apotheke und eine Liege. Bei Bedarf werden die Patienten mit einem Notarztwagen in die Kliniken in Dohuk gebracht.

Sachspende für 1200 Kinder

Auffällig ist, dass die meisten Kinder keine Schuhe und keine adäquate Kleidung haben. Dies hat uns dazu bewegt in einer spontanen Aktion am 23.08.2014 für etwa 11.000 US Dollar für 1200 Kinder Schuhe, Kleidung und Spielzeug zu kaufen und diese in verschiedenen Camps zu verteilen.

Investitionen und erledigte Tätigkeiten:

Nach Rücksprache mit den Flüchtlingen selbst, den Verantwortlichen in den Camps und Vertretern der Yeziden uns entschieden wir uns unter Zusammenarbeit mit den hiesigen Behörden folgende Investitionen zur Versorgung der Flüchtlinge mit unseren Spendengeldern zu tätigen:

  1. Auf drei neue zu bauende (in zwei bis drei Tagen werden sie fertig gebaut sein) Flüchtlingscamps stellen wir jeweils drei Container (mit jeweils 18 qm) als Medizinische Versorgungseinheit zur Verfügung. Es werden insgesamt 9 Container mit kompletter Einrichtung für etwa 67.500 US Dollar aufgestellt.

  2. Es werden drei Container mit Kühleigenschaften (bis etwa 18-20°C) und zwei Container für eine Kühlung bis auf 4°C zur Lagerung von Medikamenten angeschafft. Wir werden die Kosten in Höhe von 82.000 US-Dollar übernehmen. In diesen Containern werden auch Impfstoffe gelagert.

  1. Wir werden zwei mobile Zahnarztpraxen kaufen, die in den verschiedenen Flüchtlingscamps eingesetzt werden. Diese mobilen Einheiten werden von einem Kollegen in einem Wohnwagen hier in Dohuk zusammengestellt. Wir haben eine solche Einheit besichtigt und waren sehr beeindruckt. Der Kollege ist in der Lage zwei solche Einheiten innerhalb von einer Woche zusammenzubauen. Die Kosten in Höhe von 31.000 US -Dollar werden von uns übernommen.

  1. In einigen Flüchtlingscamps sollen speziell für Frauen WCs mit Duschmöglichkeit und einer Einheit zum Wäschewaschen gebaut werden. Hierbei soll die Einheit zum Wäsche waschen nur als Tarnung dienen, weil die meisten Frauen zurückhaltend agieren, tagsüber die Toiletten aufzusuchen. Die Kosten betragen etwa 12.000 US$ und werden von uns ebenfalls übernommen.

  1. Weitere Investitionen werden eher im Bereich der humanitären Versorgung mit Decken, Kleider, Geschirr, Hygieneartikeln sein. Die genaue Höhe wird in den nächsten Tagen ermittelt werden.

  1. Es wurde ein Liste für Ärzte zusammengestellt, um die Kollegen aus Europa und der Türkei-Kurdistan regelmäßig in die Versorgung einzubinden. Vor allem sind die Fachärzte für Kinderheilkunde, Frauenkrankheiten, Neurochirurgie, Orthopädie und Innere Medizin gefragt.

  1. In Diyarbakir wurden in einen Wert von etwa 24.000 US$ Medikamente gekauft und mitgenommen ( für diese Medikamente zahlten wir nur 6000 Euron( siehe Berichtspunkt : Vorbereitung des Einsatzes, S.3 ).

  1. Etwa 2 Tonnen Medikamente wurden uns durch MEDEOR aus Deutschland kostenlos zur Verfügung gestellt. Diese wurden ebenfalls kostenlos nach Erbil geflogen und nach Überprüfung durch die Behörden nach Dohuk verschickt. Das war auch der Grund zunächst keine weiteren Medikamente zu kaufen.

  1. Für mehrere körperlich behinderte Flüchtlinge wurden 1 Rollstuhl, 4 Gehstützen, 3 Gehstöcke gekauft und abgegeben.

  1. Für 11.000 US Dollar wurden für 1200 Kindern Kleider, Schuhe und Spielzeug gekauft und in den Camps verteilt.

  1. In der yezidischen Gesellschaft gibt es eine Gruppe von Gläubiger, die sich ausschließlich der Religion gewidmet haben. Diese werden „Feqi“ genannt. Die Feqi’s ziehen ausschließlich weiße und selbst genähte Gewänder an. Andere Kleidungsstücke dürfen Sie nicht anziehen. Da sie bei der Flucht nur eines Ihr Gewand mithatten, haben die keinerlei Möglichkeiten diese zu wechseln. Daher haben wir und entschlossen 250 dieser Feqi’s mit 3.500 US$ Stoff für Anfertigung von diesen Gewändern zu kaufen. Das Geld hierfür ist ebenfalls am 01.09.2014 überwiesen.

Somit haben wir bis zum 01.09.2014 Investitionen in Höhe von über 237.500 US-Dollar angestoßen. Die Aufträge für die medizinischen Einheiten in den Camps und für die Kühlcontainer sind bereits erteilt. Das Geld wurde am 01.09.2014 an die zuständigen Behörden überwiesen. Wir können eine erfolgreiche und sinnvolle Arbeit nur durch die Zusammenarbeit mit den dortigen Behörden sicherstellen. Alleine sind solche wichtigen Investitionen nicht zu tätigen und umzusetzen.

Einsatz in der Zeit von 26.8.-01.09.2014 in Dohuk:

Am 26.8 .2014 wurden unsere Kollegen in den Flüchtlingscamps Shariya und Khanike eingesetzt. Wir haben dort die anwesenden Kollegen den ganzen Tag unterstützt. Jeder von uns hat etwa 150 Patienten behandelt.

Am 27.08.2014 wurden wir in den Gebieten Ba’adre und Lalisch eingesetzt. Wir haben dort die Krankenstationen besetzt und etwa 200 Patienten behandelt. Zwei Teams haben die Flüchtlinge in den privaten Unterkünften aufgesucht und behandelt. Hierbei wurden mehrere körperbehinderte Menschen gesehen und untersucht. Für diese Menschen mit Behinderung wurden ein Rollstuhl, 4 Gehstützen, 3 Gehstöcke gekauft und abgegeben.

Ab dem 27.08.2014 blieben drei unsere Kollegen Vorort und haben in den Flüchtlingscamps um Dohuk, in den Krankenhäusern und den Mobilen Zahnarztpraxen gearbeitet. Zurzeit sind zwei Kollegen aus Schweden noch in den Camps tätig.

Medien Echo

Die ZDF hat unsere Delegation begleitet und hat in einer Woche sechs Beiträge in den Hauptnachrichtensendungen wie Heute, Heute Journal, Morgenmagazin und Mittagsmagazin gesendet.

Mit zahlreichen Radiosendern, wie N-Joy, SWR, Deutsche Welle, NDR, Antenne Niedersachsen wurden Interviews geführt. Zahlreiche Zeitungen haben darüber berichtet.

Weiteres notwendiges Engagement und Zukunftsperspektiven:

Der Präsident der Regionalregierung hat angeordnet, dass alle anderen Vorhaben zu ruhen haben bis die Flüchtlinge gänzlich versorgt sind. Hier sind alle äußerst bemüht, die Flüchtlinge mit allem Notwendigen ist zu versorgen. Auch die Bevölkerung versucht mit allen Mitteln den Flüchtlingen zu helfen. Selbstverständlich gibt es auch Kritikpunkte und Mängel. Insgesamt kann man die Arbeit der Behörden hinsichtlich der Situation der Flüchtlinge in den letzten Wochen jedoch loben. Wir glauben, dass fast jedes Land der Erde mit dieser immensen Anzahl von Flüchtlingen überfordert wäre und an seine Grenzen stoßen würde.

Die größte Herausforderung wird sein, diesen Menschen, im Hinblick auf potenzielle soziale und psychologische Konflikte in ein geregeltes Zusammenleben zu führen. Sie brauchen Betätigung, Schulen, eine Hoffnung und eine Perspektive. Diese Aspekte sind schwieriger zu handhaben als die Überwindung der Akutsituation.

Auch die psychische Behandlung dieser Menschen nach dem erlebten Trauma und Gräueltaten sowie die Unterbringung von Waisenkindern in Heimen wird eine Herausforderung sein. Da viele yezidische Familien in Deutschland bereit wären eines dieser Kinder zu adoptieren, könnte eine Erleichterung der Adoption in Deutschland könnte hierfür hilfreich sein.

Aufgrund des bevorstehenden Winters wäre die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohncontainern wünschenswert. Hierfür ist die internationale Unterstützung dringend notwendig.

Das Gesundheitsministerium der Regionalverwaltung Kurdistan hat mit einem Appel um Hilfe bei der Anschaffung von dringenden benötigten Medikamenten gebeten ohne die eine medizinische Versorgung nicht gewährleistet werden kann. Hier könnte die Pharmaindustrie hilfreich sein.

Den Flüchtlingen fehlt es im Moment an allem. Sie benötigen dringend Decken, Matratzen, Kleider, Geschirr etc.

Es müssen die Möglichkeiten geschaffen werden, damit die Flüchtlingskinder in die Schule gehen können.

In den Städten müssen die Schulen, die zwangsläufig zu Notunterkünften für die Flüchtlinge umgewandelt wurden, wieder geräumt werden, damit die Kinder in den Städten und Dörfern wieder in die Schule gehen können.

Europa sollte über die zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen nachdecken.

Auch die Behandlung von Verletzen in Deutschland sollte thematisiert werden, weil in den Nachbarstaaten die Versorgung fast nicht möglich ist.

Wir bleiben mit den Behörden und Kollegen Vorort in Kontakt und in Abhängigkeit eingehender Spendengelder werden wir nach Rücksprache weitere Investitionen tätigen. So können wir uns in Teilfinanzierung von Impfstoffen, Medikamenten und auch in die Versorgung mit humanitären Hilfsgütern einbringen.

Hannover den, 04.09.2014

Verbandes der kurdischen Ärzte in Deutschland e.V.

Verband Kurdischer Ärzte in Deutschland e.V.
Stichwort: Spende für Flüchtlinge in Kurdistan Rojava-Shingal
Deutsche Apotheker und Ärztebank
IBAN: De 39 3006 0601 0008 7790 23
BIC: DAAEDEDDXXX

Konto Nr: 0008779023

BLZ: 30060601