Prozessbeobachtung im Fall des angeklagten IS-Anhängers Taha Al-J. – Eine Bilanz des Schreckens

Die Kurdische Gemeinde Deutschland (KGD) nahm auch am 27.11.2020 an der Verhandlung gegen den angeklagten IS-Anhänger Taha Al-J. am Oberlandesgericht Frankfurt a.M. teil. Der Angeklagte wird des Genozids, der Kriegsverbrechen und des Mordes an einem 5-jährigen kurdisch-ezidischen Mädchen beschuldigt. Seit Auftakt des Prozesses im April dieses Jahres nimmt die Kurdische Gemeinde Deutschland regelmäßig als Prozessbeobachterin teil. Wir rechnen am Anfang des nächsten Jahres mit einem Urteil.
Am Freitag wurden zwei Mitarbeiterinnen der NGO „Yazda – Global Yazidi Organisation“ als Zeuginnen geladen. Beide sind aus der kurdischen Stadt Duhok angereist, wo sie die Mutter des getöteten Mädchens und Kronzeugin Nora B. psychologisch betreuten. Die Zeugenaussagen der beiden Yazda-Vertreterinnen können ausschlaggebend sein im weiteren Prozess gegen Taha Al-J. Die Kurdische Gemeinde Deutschland konnte zu den beiden Frauen aus Duhok einen Kontakt herstellen und aktuelle Zahlen des Duhok Statistik-Büros (DSO) zum Völkermord an den kurdischen Eziden 2014 weitergeben:
– Alle Ezid*innen wurden nach dem Angriff des IS ausnahmslos aus Shingal vertrieben. Ebenso flohen alle Ezid*inenn aus Bashiqa und Bahzani in die IDP-Camps in Duhok.
– Die gesamte Anzahl der vertriebenen Ezid*innen: 450.000
– Massengräber: 72 Massengräber wurden in Shingal entdeckt. Über 300 einzelne Gräber in Tel-Afar und Rabiah.
– Religiöse Stätten: 68 heilige Stätten der Ezid*innen wurden zerstört.
– Als am 3. August 2014 der IS Shingal angriff, wurden 6417 Ezidinnen versklavt, von denen 3535 fliehen bzw. befreit werden konnten. Vermisst werden 2882.
– Waisenkinder: 2517 ezidische Kinder wurden zu Waisen oder Halbweisen.
– Geflüchtete: 100.000 Vertriebene
– Rückkehr nach Shingal: 30.000 Familien (~165.000 Personen)
– >6000 Ezid*innen wurden getötet, als IS 2014 in ihre Gebiete einmarschierte.
– Gesamtanzahl an getöteten, versklavten und vermissten Menschen: 12.000