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„Endlich Druck auf Erdogan machen“

In der Türkei baut Präsident Erdogan seine Macht nach dem gescheiterten Putsch weiter aus. „Schlimmer kann es für die Türkei und auch für Europa eigentlich nicht mehr kommen“, sagt Ali Ertan Toprak, Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde in Deutschland.

Der türkische Präsident Erdogan nutzt den gescheiterten Putsch des Militärs, um das Land, wie er sagt, zu säubern. 6.000 Militärangehörige sind verhaftet worden, Tausende Richter und Staatsanwälte wurden entlassen. Am Dienstag (19.07.2016) hat das Bildungsministerium 20.000 Beamte suspendiert.
Entschieden geht Erdogan gegen Oppositionelle vor. Was bedeutet die Entwicklung der Türkei für die Kurden? Ali Ertan Toprak ist der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschlands.

WDR 5: Herr Toprak, warum haben sich die Kurdenpartei HDP und auch Ihr Verband so klar gegen den Militärputsch und damit hinter Erdogan gestellt?

Ali Ertan Toprak: Die Tatsache, dass die Kurden gegen den Putsch sind, heißt nicht, dass wir uns hinter Erdogan gestellt haben. Jeder Demokrat muss natürlich gegen Putschisten sein. Wir erleben jetzt, dass ein Gegenputsch durch Erdogan stattfindet. Und mitnichten sind die Kurden hinter Erdogan.

WDR 5: Mit anderen Worten: Vielleicht ist Erdogan für Sie immer noch das kleinere Übel als das Militär?

Toprak: Ja, so kann man es vielleicht verkürzt sagen. Erdogan möchte das Land jetzt endgültig in ein islamisches Sultanat umwandeln. Die Gefahr einer menschenverachtenden Despotie ist nicht verbannt. Deswegen muss jetzt die Internationale Gemeinschaft der EU und Nato endlich Farbe bekennen und Druck auf Erdogan machen.

WDR 5: Was heißt für Sie Druck machen?

Toprak: Wir kritisieren als Kurdische Gemeinde schon seit Monaten, seit Jahren die Entwicklung in der Türkei. Jeder, der sich mit Erdogan auskennt, der sich mit der Türkei auskennt, konnte diese Entwicklung eigentlich vorhersehen. Nur die EU wollte das nicht wahrhaben, zumal wir uns zuletzt auch mit dem Flüchtlingsdeal in eine einseitige Abhängigkeit gebracht haben. Erdogan wird jetzt endgültig das Land von Gegnern säubern wollen. Das sehen wir, gestern Abend sind 50.000 Beamte suspendiert worden. Die Nato und die EU müssen jetzt die Beitrittsgespräche abbrechen. Mit so einem Land kann man nicht über einen EU-Beitritt verhandeln.

WDR 5: Auf der anderen Seite könnte man sagen, dass es vielleicht besser für die Entwicklung der Türkei ist, wenn man die Verbindung zu Europa, zur EU nicht ganz kappt und somit Einfluss nimmt. Die Immunität, wenn wir noch einmal auf die Situation der kurdischen Abgeordneten im Parlament kommen, hat die AKP-Regierung bereits aufheben lassen. Das heißt auch, die politischen Vertreter der Kurden sieht Erdogan inzwischen als Gegner. Was bedeutet das konkret?

Toprak: Erdogan sieht jetzt jeden, der ihn nicht unterstützt, als Gegner. Jeder wird als Terrorist bezeichnet, die Kurden ja schon länger, jetzt auch die Gülen-Bewegung, die anscheinend hinter diesem Putsch-Versuch stecken soll. Schlimmer kann es eigentlich nicht mehr kommen für die Türkei und auch für Europa. Und mit dieser EU-Beitritts-Perspektive sagen wir schon seit 14 Jahren, dass es die einzige Möglichkeit ist, auf die Türkei einzuwirken. Aber diese These hat sich letztendlich ins Gegenteil umgekehrt. Diese EU-Beitritts-Perspektive hat nicht dazu geführt, dass die Türkei sich demokratisiert. Das Gegenteil ist eingetreten.

WDR 5: Das, was in der Türkei passiert, hat durchaus auch Auswirkungen hier in Deutschland hat. Am Samstag gab es einen Angriff auf ein Jugendzentrum in Gelsenkirchen, das der Gülen-Bewegung nahestehen soll. Noch einmal zur Erinnerung: Das ist der Prediger, der auch im kurdischen Südosten der Türkei viele Schulen eröffnete, mit dem sich Erdogan schließlich überwarf. Ihn macht er ja, wie Sie gerade sagten, mit für den Militärputsch verantwortlich. Wie erleben Sie die Spannungen derzeit in Deutschland?

Toprak: Zunächst muss man sagen, das ist ja ein Machtkampf innerhalb des türkischen Staates zwischen alten Verbündeten, die jetzt seit drei-vier Jahren verfeindet sind.

WDR 5: Schon länger.

Toprak: Ja. Gülen hat ja Erdogan zu Beginn unterstützt. Und dank Gülen konnte auch Erdogan an die Macht kommen und seine Macht ausbauen. Vor vier Jahren haben sie sich dann verkracht, verfeindet. Jetzt sind die Gülen-Anhänger Feinde für ihn. Auch hier in Deutschland werden leider seit ein paar Tagen Gülen-Vereine, Institutionen, die Gülen nahestehen, angegriffen. Ein tiefer Riss geht durch die ganze Community hier in Deutschland. Ich habe große Sorgen, dass auch in Deutschland die Gewalt und Aggression anhält. Und da müssen wir auch als Gesellschaft Erdogan-Anhängern hier unmissverständlich deutlich machen, dass wir das nicht akzeptieren. Mich wundert, dass die Bundesregierung bis heute keine Ansage im Inland in Richtung Erdogan-Anhängern gemacht hat.

WDR 5: Wie können Sie als Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde zur Deeskalation in Deutschland beitragen?

Torpak: Wir rufen alle unsere Mitglieder und auch die kurdische Community in Deutschland dazu auf, sich nicht provozieren zu lassen von Schlägertrupps Erdogans, die auch in deutschen Städten, in europäischen Städten auf politische Gegner losgehen wollen. Sie fühlen sich jetzt von Erdogan ermutigt und gestärkt, auch hier aggressiv gegen politische Gegner vorzugehen. Menschen werden zu Denunziationen aufgefordert, auch in Europa schon seit Monaten. Das sind Sachen, da versuchen wir natürlich, in der eigenen Community Botschaften zu setzen, sich nicht provozieren zu lassen, bei Gefahr natürlich sofort die Polizei zu rufen und nicht selber zu handeln.
Das Interview führte Judith Schulte-Loh im WDR 5 Morgenecho vom 20.07.2016.
Für eine bessere Rezeption weicht die schriftliche Fassung des Interviews an einigen Stellen vom gesendeten Interview ab und kann teilweise gekürzt sein. Die intendierte Ausrichtung der Fragen und Antworten bleibt dabei unberührt.

Quelle: http://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/morgenecho/interview-toprak-100.html


huff-post

Der Zentralrat der Muslime unterstützt nur Erdogan und den Islamismus

headshotvon Ali Ertan Toprak
Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland
und Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft
der Immigrantenverbände in Deutschland/BAGIV e.V .

 

Es ist Zeit über ein Problem zu sprechen, das in Deutschland lange totgeschwiegen wurde.

Seit Jahren attackieren Erdogan-Fans ihre Gegner auch in Deutschland. Erdogan-Kritiker werden denunziert, ihnen wird mitunter sogar mit Mord gedroht.

Das erschreckende daran ist, dass mächtige Organisationen wie der Zentralrat der Muslime und der Moscheen-Verband DITIB nichts dagegen unternehmen. Stattdessen heizen diese Organisationen die feindselige Stimmung in Deutschland noch an.

Wir müssen endlich begreifen: Der Zentralrat der Muslime ist keine Religionsgemeinschaft, sondern die Vertretung des politischen Islam, also des Islamismus. Mitglied des Zentralrats ist auch die radikale Muslimbruderschaft oder die nationalistisch-islamische ATIB, eine Abspaltung der rechtsradikalen Grauen Wölfe.

Deswegen wundert es mich nicht, dass der Zentralrat mehr oder weniger offensichtlich Erdogans Unterdrückungspolitik unterstützt.

Das Problem dabei ist aber, dass sich der Zentralrat als Vertreter der deutschen Muslime ausgibt.

Der Zentralrat der Muslime positioniert sich bei jeder Gelegenheit pro Erdogan

Wäre er das, müsste er Werte wie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nach innen und außen vertreten und damit Vorbild sein für die Millionen Muslime auch aus der Türkei, die hier in Deutschland leben.

Doch es passiert das Gegenteil. Der Zentralrat der Muslime positioniert sich bei jeder Gelegenheit pro Erdogan.

Der Vorsitzende des Zentralrats, Aiman Mayzek, zum Beispiel hat Erdogan noch nie kritisiert. Auch die Säuberungen nicht, die Erdogan jetzt in der Türkei angekündigt hat.

Sein Stellvertreter Mehmet Celebi hat sogar die Lynchjustiz verharmlost – etwas, das überhaupt gar nicht mit dem Grundgesetzt vereinbar ist.

Das muss man sich mal vorstellen: Erdogan säubert das ganze Land. Jeder, der ihn kritisiert, wird jetzt als Terrorist gebrandmarkt. Es findet eine Hexenjagd statt.

Und die größten Islam-Verbände in Deutschland schweigen.

Schweigen ist auch eine Position, die mir Angst macht. Es ist ein Signal an die Millionen Erdogan-Fans, dass ihr Führer alles richtig macht. Das führt dazu, dass sich die Gräben unter den konservativen und den liberal-säkularen Muslimen in Deutschland tiefer werden – die Aufgabe eines Zentralrats der Muslime sollte eigentlich sein, dass Muslime sich einen und nicht spalten.

Das alles erinnert mich an Hitlers Zeiten

Die eine Hälfte verehrt Erdogan, die andere hasst ihn. Die Erdogan-Anhänger kopieren ihren Führer eins zu eins. Sie gehen aggressiv und gewalttätig gegen Erdogan-Kritiker vor. Auch gegen mich.

Ich wurde vor zwei Wochen in den ZDF-Fernsehrat berufen. Danach haben mich viele türkische Blätter als PKK-Terrorist gezeigt.

Und der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats, der öffentlich Lynchjustiz verharmlost hat, geht mich in den sozialen Netzwerken öffentlich an.

Außerdem erhalte ich auf Facebook Beleidigungen bis hin zu Morddrohungen. Mir wurde angedroht, dass man mir das Nasenbein bricht oder mich kaltmacht. Dass ich nie wieder türkischen Boden betreten sollte.

Ich nehme diese Drohungen sehr ernst. Eigentlich fahre im Sommer immer in die Türkei. Jetzt bleibe ich wohl hier.

Das alles erinnert mich an Hitlers Zeiten – und dürfen wir nicht durchgehen lassen. Da müssen wir als Demokraten gegenwirken. Langsam muss die Kanzlerin hier ein Machtwort sprechen.

Die Deutsche Politik muss endlich wach werden.

Wahr ist: Die Bundesregierung hat jahrelang Verbände wie den Zentralrat oder DITIB mit Millionen von Steuergeldern gefördert. Hier wurde nicht Integrations-, sondern Segregationspolitik unterstützt.

Es war an Hohn kaum zu überbieten, dass das Familienministerium gefordert hat, die Integration von Flüchtlingen den islamischen Verbänden zu überlassen.

Wir legen die Zukunft unserer Kinder in die Hände von Erdogan

Die Bundesregierung muss eine rote Linie ziehen. Wenn der Einfluss aus dem Ausland auf Verbände wie dem Zentralrat weiter bestehen bleibt, sollte die Bundesregierung die Gespräche mit solchen Verbänden abbrechen und die Finanzierung einstellen.

Gleiches gilt für den Verband DITIB, dessen Vorsitzender alle paar Jahre aus der Türkei ernannt wird. Hinzu kommt, dass alle DITIB-Imame Beamte des türkischen Staates sind, die auf Erdogan geschworen haben.

Es kann auch nicht sein, dass zum Beispiel islamischer Religionsunterricht von Verbänden wie dem Zentralrat und DITIB organisiert wird, die unter Erdogans Einfluss stehen.

Zurzeit werden die Lehrpläne von ihnen mit gestaltet. Muslimische Schüler werden von diesen Verbänden stark beeinflusst. Wie lange wollen wir das noch mit ansehen?

Ich kann nicht verstehen, warum wir die Zukunft unserer Kinder in die Hände von Erdogan legen.

Wenn wir darüber diskutieren, dass die AfD und Pegida vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollen, dann müssen wir auch darüber diskutieren, ob wir den Zentralrat der Muslime oder DITIB beobachten lassen.

Diese Verbände sind der lange Arm Erdogans, durch die er seine Anhänger hierzulande in Bewegung setzt und indoktriniert. Sie unterwandern Parteien und Teile der Gesellschaft und errichten Gegengesellschaften die aggressiv unsere Werte bekämpfen.
Quelle: http://www.huffingtonpost.de/ali-ertan-toprak/zentralrat-der-muslime-erdogan-islamismus_b_11087104.html?1469033943