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Über die jüngsten Entwicklungen in der Türkei und Auswirkungen auf das Zusammenleben der Migrantengruppen in Deutschland bezieht die Kurdische Gemeinde Deutschland Stellung.


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Ali Ertan Toprak, Vorsitzender Kurdische Gemeinde Deutschland, zur Bedrohung von Kurden in Deutschland

 

Quelle: https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-201517.html


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Die Türkeikrise und die hessischen Türken

Die Lage in der Türkei ist nach dem gescheitertern Putschversuch mehr als angespannt. Am Mittwoch hat Präsident Erdogan den Ausnahmezustand ausgerufen. Das lässt auch die in Hessen lebenden Türken nicht kalt. Auch hier verschärft sich der Ton zwischen den Befürwortern und den Kritikern Erdogans.


welt

Kurdische Gemeinde beklagt Drohungen in Deutschland

Die Kurdische Gemeinde fürchtet einen tiefen Riss durch ihre türkeistämmige Community. Nach dem Putschversuch in der Türkei sei die Stimmung „aggressiver“. Sie sieht eine Gemeinsamkeit mit Pegida.

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Die Konflikte in der Türkei übertragen sich dem Vorsitzenden der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Ali Ertan Toprak, zufolge auch auf die Bundesrepublik. „Die Situation ist sehr angeheizt und aggressiv“, sagte Toprak im Hörfunk-Sender NDR-Info am Donnerstag. Ein tiefer Riss gehe durch die türkeistämmige Community in Deutschland.

Nach dem vereitelten Putsch und dem „Gegen-Putsch“ sei die Stimmung noch aggressiver geworden. „Unverhohlen werden jetzt Oppositionelle und kritische Personen offen bedroht und beleidigt.“

Auch er selbst sei schon denunziert, beleidigt und bedroht worden, sagte Toprak. Viele Anhänger des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan kopierten jetzt seine Rethorik und sein Verhalten. „Jeder Regime-Kritiker, jeder Erdogan-Kritiker ist zurzeit Staatsfeind und Volksverräter.“

Klare Botschaft an Erdogan-Anhänger gefordert

Die Wortwahl der Erdogan-Anhänger in Deutschland ist laut Toprak vergleichbar mit jener der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung. Daher müsse die Bundesregierung in Richtung der Erdogan-Anhänger eine klare Botschaft senden, forderte Toprak.

Sie dürfe nicht dulden, dass in Deutschland türkische Oppositionelle angegriffen und diffamiert werden. „Wir müssen mit voller Härte durchgreifen und den Erdogan-Anhängern deutlich machen, dass der deutsche Rechtsstaat solche antidemokratischen Verhaltensweisen nicht akzeptieren wird.“

Nach dem gescheiterten Putschversuch am vergangenen Wochenende hat die türkische Regierung Tausende Menschen inhaftiert. Erdogan macht für den Putschversuch die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen verantwortlich. Die Regierung verhängte einen dreimonatigen Ausnahmezustand.

Quelle: http://www.welt.de/politik/deutschland/article157199144/Kurdische-Gemeinde-beklagt-Drohungen-in-Deutschland.html


cicero
KURDENVERTRETER TOPRAK:

„Ich selbst fühle mich in Deutschland nicht mehr sicher“

 

Für Kurden wird die Lage nicht nur in der Türkei immer brenzliger. Auch in Deutschland würden Angehörige seiner Volksgruppe beleidigt und bedroht, sagt der Vorsitzende der kurdischen Gemeinde in Deutschland, Ali Ertan Toprak. Er übt harte Kritik an der Bundesregierung

Herr Toprak, Sie sind einer der wenigen, die sich noch eindeutig gegen Erdogan stellen. Haben die Erdogan-Gegner solche Angst?

Nicht nur in der Türkei gibt es eine Hexenjagd gegen jeden, der nicht für Erdogan ist. Jeder, der Erdogan kritisiert, wird zum Feind und zum Terroristen abgestempelt. Einen Tag vor dem Putsch wurde ich in einigen der regierungsnahen Zeitungen in der Türkei als PKK-Terrorist bezeichnet. Aufhänger dafür war meine Berufung in den Fernsehrat des ZDF. Hier in Deutschland denunzieren Erdogan-Anhänger vor allem über die sozialen Netzwerke. Und die türkische Regierung hat einen genauen Blick auf die Aktivitäten von Erdogan-Kritikern bei Facebook und Co: Ganz normale Bürger, die in die Türkei gefahren sind, um dort Urlaub zu machen, wurden verhaftet, weil sie sich kritisch über Erdogan geäußert haben. Journalisten, Politiker und  Sprecher der Verbände stehen erst recht auf der Abschussliste.

Inzwischen hat Erdogan den Ausnahmezustand verhängt, die europäische Menschenrechtskonvention ausgesetzt, bereits im Mai wurde die Immunität von einigen kurdischen Abgeordneten im Parlament aufgehoben. Was ist Ihre Einschätzung, wie steht es um die Sicherheit der Kurden in der Türkei?

Die Kurden in der Türkei sind schon lange an einen Ausnahmezustand gewöhnt. Neun große kurdische Städte wurden in den letzten Monaten dem Erdboden gleichgemacht. Dort sieht es aus wie in Aleppo oder in anderen syrischen Städten. Auch Kurden, die sich kritisch zur kurdischen Frage und Demokratie in der Türkei äußerten, wurden schon immer als Terroristen behandelt. Inzwischen ist die Situation noch dramatischer. Denn die Kurden sind gegen einen Militärputsch – aber natürlich auch gegen einen zivilen Putsch: Nichts anderes passiert gerade in der Türkei. Erdogan ist der eigentliche Putschist. Er verwandelt die Türkei langsam, aber sicher in eine Diktatur, einen Ein-Mann-Staat. Da haben natürlich die Kurden Angst.

Viele Menschen trauen sich nicht mehr auf die Straße. So dramatisch ist die Lage in der Türkei. Und die EU schweigt, die Nato schweigt – offensichtlich hat man aus der Situation in Syrien nichts gelernt. Die Türkei ist verloren, ich weiß nicht, was sich EU und Nato noch von der Türkei erhoffen.

Man hört vielerorts, dass es inzwischen Übergriffe auf Kurden und Gülen-Anhänger auch in Deutschland gibt. Können Sie das bestätigen?

Wir wissen, dass in den letzten Tagen einige Gülen-Vereine und Gülen nahestehende Schulen bedroht wurden. Erdogan-Anhänger fahren an den Schulen vorbei, zeigen Stärke und schüchtern ein. In Gelsenkirchen wurden die Fenster eines Jugendtreffs der Gülen-Bewegung eingeschlagen. Es gibt eine Telefonnummer des türkischen Sicherheitsapparates, bei dem man anrufen und Menschen hier in Deutschland denunzieren kann. Es kann nicht sein, dass Menschen in einem Land wie Deutschland beleidigt und bedroht werden. Deshalb bitte ich ganz besonders auch die deutschen Medien und die deutsche Gesellschaft um Unterstützung und Solidarität.

Sie sind selbst Zielscheibe von Drohungen und offenen Anfeindungen. Hat Ihnen das Innenministerium Hilfe angeboten?

Nein. Es wird Zeit, dass das Innenministerium und die ganze Bundesregierung Tacheles reden. Der österreichische Außenminister hat zum Beispiel, nachdem es Angriffe von Erdogan-Anhängern auf Kurden und andere Oppositionelle gab, den türkischen Botschafter einbestellt. Was muss in Deutschland passieren, damit unsere Regierung endlich reagiert und Demokraten hier in Schutz nimmt? Viele Demokraten in Deutschland mit türkischen Wurzeln sind enttäuscht und verstehen die Welt nicht mehr. Sie haben sich für diese freiheitlich-demokratische Gesellschaft entschieden. Sie sind integriert und leben und verteidigen tagtäglich die Werte der deutschen Gesellschaft. Wir kritisieren Erdogan nicht, weil wir Feinde der Türkei sind, sondern weil wir eine freiheitlich-demokratische Türkei möchten. Ich selbst fühle mich in Deutschland nicht mehr sicher. Wir haben in den kurdischen Gemeinden darum gebeten, sich von Erdogan-Anhängern nicht provozieren zu lassen und Vorfälle sofort der Polizei zu melden.

Wenn die Bundesregierung die Vorfälle weiter unkritisiert geschehen lässt, befürchten Sie eine Eskalation auch hier in Deutschland?

Ich glaube, dass dann die Demokraten auf die Straße gehen müssen. Dieses Wochenende werden sich in vielen Städten unterschiedliche Organisationen beraten. Bis jetzt haben wir Demonstrationen bewusst vermieden, weil wir ja auch nicht den Eindruck vermitteln wollten, dass wir einen Militärputsch begrüßen. Wenn dann die demokratischen Kräfte in einigen Tagen oder Wochen auf die Straße gehen, erhoffen wir uns auch die Unterstützung der deutschen Mehrheitsgesellschaft.

Das, was in vielen islamischen Verbänden praktiziert wird, ist nicht der Aufbau von Parallelgesellschaft, sondern von Gegengesellschaften. Sie agieren gegen unsere Werte und auch gegen die deutsche Verfassung. Wie lange wollen wir das hinnehmen? Ich bin dafür, genau wie bei Pegida oder der AfD zu überlegen, ob man nicht Erdogan-nahe Organisationen vom Verfassungsschutz beobachten lässt: Sie stacheln die Menschen an, rufen zur Hexenjagd auf, beleidigen und bedrohen Menschen. Das gefährdet das friedliche Zusammenleben in Deutschland. Wir müssen jetzt die rote Karte zeigen und deutlich machen, dass wir das nicht akzeptieren. Wenn wir jetzt keine Gegenmaßnahmen ergreifen, ist es in ein paar Monaten zu spät, wenn es dann zu ersten Schlachten auf deutschen Straßen kommt.

Ali Ertan Toprak ist der Vorsitzende des Vereins Kurdische Gemeinde Deutschland e.V. Er ist Politiker und war als innen-und außenpolitischer Referent für Cem Özdemir tätig. Von 2006 bis 2012 war er Teilnehmer der deutschen Islamkonferenz.

Quelle: http://www.cicero.de/berliner-republik/kurden-in-deutschland-ich-selbst-fuehle-mich-in-deutschland-nicht-mehr-sicher


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Quelle: https://www.ndr.de/info/sendungen/interviews/Toprak-Gegner-Erdogans-bedroht-und-beleidigt,audio290350.html


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Erdogans „unheimliches“ Propaganda-Netz: Wie der türkische Präsident in Deutschland an Macht gewinnt

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  • Der türkische Präsident Erdogan kann sich auf die Unterstützung zahlreicher Organisationen in Deutschland verlassen
  • Viele von ihnen tragen zum bedrohlichen Klima für Erdogan-Kritiker bei
  • Politiker und gesellschaftliche Verbände sind entsetzt über Erdogans Propaganda

Er lässt seine Kritiker jagen, schmeißt sie aus ihren Ämtern und droht ihnen mit der Hinrichtung. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan versetzt seine Landsleute nach dem Putschversuch in Angst und Schrecken.

Ein normales Leben ist für viele liberale Türken seit vergangenem Wochenende nicht mehr möglich – sie fürchten um ihr Leben.

Nun mehren sich auch aus Deutschland die Berichte über türkischstämmige Menschen, die sich nicht mehr sicher fühlen. Sie werden von Erdogan-Anhängern bedroht, weil sie angeblich den türkischen Staatsfeind und Prediger Fethullah Gülen unterstützen.

Mehrere Blogger der Huffington Post hatten zuletzt darum gebeten, dass ihre Texte vom Netz genommen werden – aus Angst vor einer Hetzjagd Erdogan-freundlicher Nationalisten.

Erdogan kann sich auf ein weit verzweigtes Unterstützer-Netzwerk in Deutschland verlassen

Das zeigt vor allem eins: Das Klima in der türkischen Gemeinde in Deutschland verschärft sich. Analog zu Erdogans aggressivem Vorgehen in der Türkei werden auch bei uns Andersdenkende unter Druck gesetzt.

Sein Instrument: Ein weit verzweigtes Netzwerk aus politischen und religiösen Organisationen.

„Erdogan und seine AKP (türkische Regierungspartei – Anm. d. Red.) versuchen schon seit Jahren über deutsch-türkische Vereinigungen Einfluss auf türkischstämmige Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu nehmen“, sagt die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe der Huffington Post.

Was Kiziltepe meint: Organisationen in Deutschland, die sich teilweise gemäßigt und unabhängig präsentieren, sind in Wahrheit Erdogans verlängerter Arm. Der moralische Steigbügel für die Treibjagd auf Regierungskritiker, wenn man so will.

Eine dieser Institutionen, auf die Kiziltepe anspielt, ist die einflussreiche Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, kurz Ditib.

Sie ist der Dachverband von rund 900 Moscheevereinen in Deutschland. Ditib untersteht dem türkischen Religionsministerium. Konkret heißt das: Erdogan hat die volle Kontrolle über Ditib – und damit qausi über das politisch-religiöse Leben eines großen Teils der Türken in Deutschland.

Ditib kritisierte deutsche Politiker vor der Armenien-Resolution

Wie regierungstreu Ditib ist, zeigte sich vor erst vor einigen Wochen, kurz vor der Armenien-Resolution des Bundestags. Damit sollten die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor gut 100 Jahren als Völkermord klassifiziert werden.

Ditib stand ganz oben auf der Liste der Unterzeichner eines offenen Briefs an alle Bundestagsabgeordneten, in dem es hieß: „Ein solcher, auf politischen Motiven basierender Beschluss würde auch die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei tiefstens erschüttern“.

Für viele war damals klar: Das ist die Handschrift Erdogans.

Im April wurde zudem bekannt, dass in Ditib-Moscheen rund 1000 Imame predigen, die von der türkischen Religionsbehörde entsandt worden sind.

Während einige Politiker wie die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) Ditib weiterhin für einen „unverzichtbarer Partner“ etwa bei der Integration von Flüchtlingen halten, üben andere scharfe Kritik.

Mit ihrer Entsendung von Imamen übe die Regierung in Ankara einen „großen Einfluss“ in Deutschland aus, sagt Sevim Dagdelen, Bundestagsabgeordnete der Linken.

„Über seine Vorfeldorganisationen radikalisiert Erdogan Migranten in Deutschland immer weiter und dies wird auch noch wie im Falle der Ditib staatlich gefördert. Hier muss die Bundesregierung endlich handeln, um den Einfluss Erdogans zurückzudrängen“, sagt Dagdelen.

„Vaterlandsverräter bleiben draußen“

Wie dieser Einfluss im Alltag aussehen kann, hatte zuletzt ein Vorfall in Hagen (NRW) gezeigt. Am Eingang einer Ditib-Moschee war dort auf Aushängen zu lesen: „Vaterlandsverräter bleiben draußen“.

Gemeint waren vermutlich Gülen-Anhänger, der Aushang ist inzwischen wieder entfernt. Der Ditib-Bundesverband ließ auf Anfrage des WDR lediglich wissen, dass der Vorstand nichts von dem Aufruf gewusst habe.

Neben Ditib hat Erdogan weitere gut organisierte Unterstützer in Deutschland. Dazu zählt auch UETD, die Union Türkisch-Europäischer Demokraten.

Auch die UETD ist eine Art AKP-Lobby-Organisation. Sie organisiert Erdogans Auftritte in Deutschland und sieht sich als Vertreter aller türkischstämmiger Migranten in Deutschland.

Diese „Allmachtsfantasie“, wie der „Tagesspiegel“ kürzlich über das Selbstverständnis der UETD schrieb, passe zu Erdogans Auftritt in Köln 2008. Damals hatte Erdogan den 20.000 „Brüdern und Schwestern“ gesagt, Assimilation sei „ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Ein Türke habe im Ausland ein Türke zu bleiben – also im Einflussbereich der UETD.

„Die UETD ist der verlängerte Arm der AKP in Deutschland“

Besonders besorgniserregend ist, dass die Aufrufe zu mehr Nationalbewusstsein offenbar Wirkung zeigen.

Im vergangenen Jahr berichtete die „Welt“ von UETD-Demonstrationen, bei denen Erdogan-Kritiker mit „Volksverräter“-Sprechchören denunziert und deutsche Medien als „Lügenmedien“ bezeichnet worden waren. Vorwürfe, die im Sinne Erdogans sein dürften.

„Es ist ganz klar, dass die UETD der verlängerte Arm der AKP in Deutschland ist und Erdogans Politik nach Deutschland trägt“, sagt Serap Güler, CDU-Landtagsabgeordnete in NRW. Da helfe es auch nicht, dass die UETD immer wieder ihre Unabhängigkeit beteuere.

Linke-Politikerin Dagdelen berichtet zudem, dass UETD dabei war, als bei Demonstrationen in der Vergangenheit Kurden angegriffen wurden.

Die Linke-Abgeordnete erhebt einen weiteren schweren Vorwurf gegen die Organisation: „Die UETD hat über SMS türkische Staatsbürger zur Denunziation von Regimekritikern aufgerufen“. Der Verband war für eine Stellungnahme dazu nicht zu erreichen.

Auch die Bewegung Milli Görüs (MG) war einer der prominenten Kritiker deutscher Politiker, als es im Juni um die Armenien-Frage ging. Der Verfassungsschutz führt MG als islamistische Organisation, schränkt aber ein, dass es „zunehmend weniger Anhaltspunkte für extremistische Aktivitäten“ gebe.

„Eine Gefahr für alle Erdogan-Kritiker in Deutschland“

Für Mehmet Tanriverdi, stellvertretender Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, spielt das keine Rolle. Er sieht die Bewegung kritisch.

„Milli Görüs ist eine der vielen Organisationen, die Erdogans Linie voll und ganz unterstützen und deren Propaganda eine Gefahr für alle Erdogan-Kritiker in Deutschland sind“, sagt er.

Die Vertreter von Milli Görüs lassen jedenfalls keine Zweifel daran, wie ihr politisches Weltbild aussieht.

Als Mustafa Yeneroglu, ehemaliger Generalsekretär und heutiger AKP-Politiker, im Mai diesen Jahres bei Anne Will auf dem Talk-Sofa saß, antwortete er auf die Frage, ob Erdogan ein „lupenreiner Demokrat“ sei: „Selbstverständlich!“ Eine Bemerkung, die angesichts der Menschenrechtslage in der Türkei an Zynismus nicht zu überbieten ist.

Kurdische Gemeinde erhebt schwere Vorwürfe gegen den Zentralrat der Muslime

Ali Ertan Toprak, Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, hatte in dieser Woche in der Huffington Post zudem schwere Vorwürfe gegen den Zentralrat der Muslime erhoben. Topraks Vorwurf: Der Zentralrat sei wie Ditib der „lange Arm Erdogans, durch die er seine Anhänger hierzulande in Bewegung setzt und indoktriniert“.

Zuvor hatte der Vorsitzende des Zentralrats, Mehmet Celebi, die Lynchjustiz des türkischen Präsidenten nach dem Putschversuch verharmlost.

Mit Sorge blickt Tanriverdi auch auf Pro-Erdogan-Medien wie das Internet-Portal der türkischen Tageszeitung „Sabah“ oder das Online-Nachrichtenportal „Ahaber“, die sich mit teilweise deutschsprachigen Nachrichtenangeboten vor allem an türkischstämmige Menschen in Deutschland richten.

„Was da veröffentlicht wird, ist hetzerisch und tendenziös“, sagt Tanriverdi. Auch die Kurdische Gemeinde in Deutschland und Aleviten würden dort regelmäßig scharf angegriffen. „Es ist unheimlich, wie Erdogan auch in Deutschland gegen unliebsame Minderheiten vorgeht“.

Dazu zählen für Tanriverdi auch die selbsternannten „Osmanen Germania“, ein Boxklub, der sich vor einiger Zeit vom Motorradklub „Hell’s Angels“ abgespaltet hat und laut Tanriverdi regelmäßig Schlägertrupps auf Kurden-Demos schickt.

Die Mitglieder sind auf Erdogan-Kurs, zuletzt hatten sie auf Facebook angekündigt, die türkischen Konsulate nach dem Putschversuch bewachen zu wollen.

Unternehmer Aru bezeichnet ARD-Bericht als “unverhohlene Heuchelei”

Prominente Unterstützung erhält Erdogan in diesen Tagen zudem vom Deutschtürken Remzi Aru. Der Unternehmer gilt als glühender Erdogan-Fan, will in Deutschland eine Partei für türkischstämmige Bürger gründen.

Wie die Ausrichtung dieser Partei aussehen könnte, lässt sich schon jetzt erahnen.

Auf seiner Webseite bezeichnet Aru die Erdogan-Kritikerin Dagdelen als “Terror-Moppel mit IQ unter Raumtemperatur”, einen kritischen “Tagesschau”-Bericht zum verhängten Ausnahmezustand in der Türkei nennt er “unverhohlene Heuchelei” und Grünen-Chef Cem Özdemir denunziert er als “zwielichtige Gestalt”, die “die einstige Friedenspartei immer tiefer in den Sog von blutrünstigen Terroristen” ziehe.

Besser hätte es der türkische Präsident wohl selbst nicht formulieren können.

Quelle: http://www.huffingtonpost.de/2016/07/21/erdogan-macht-deutschland-propaganda_n_11104496.html