Photo: Bianet / Aras Margosyan

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Zu den gegenwärtigen Ereignissen in der Türkei erklärt die Kurdische Gemeinde Deutschland:

Die brachiale Staatsgewalt erreicht den Westen der Türkei

Die ursprünglich gegen die Umgestaltung des zentralen Taksim Platzes in Istanbul gerichteten Proteste in der Türkei haben aufgrund der brutalen Polizeigewalt eine neue Dimension erhalten. Mit dem gewaltsamen Vorgehen gegen die Demonstranten in Istanbul hat die türkische Regierung ihren Umgang mit zivilgesellschaftlichen Protestbewegungen nunmehr in den Westen der Türkei getragen.

Die regierungskritischen Kräfte haben in den letzten Wochen gegen die seit Jahren systematisch fortschreitende Islamisierung des Alltags deutlich Position bezogen. Nach Mehmet Tanriverdi, stellvertretender Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschlands, fehlt der Protestbewegung noch das Profil. „Ob die Protestbewegung auch das Potential für eine wirkliche Demokratiebewegung hat, muss sich noch zeigen“ so Tanriverdi in einer ersten Stellungnahme zu den Ereignissen in der Türkei.

„Immerhin könne man zum ersten Mal in der türkischen Geschichte von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis sprechen, das sich auf die Straße wage und libertäre Forderungen formuliere“ so Tanriverdi weiter. Dabei hat es in der Vergangenheit genug Anlässe, für eine aktive Zivilgesellschaft gegeben, um auf die Straßen zu gehen. Mehmet Tanriverdi erinnert daran, dass die kurdische Bevölkerung im Osten des Landes seit Jahrzehnten der türkischen Polizeigewalt und den Armeeeinsätzen ausgesetzt ist, und dies bisher bedauerlicherweise weder im Westen des Türkei noch von Türken in Deutschland zum Anlass genommen wurde, gegen das nicht minderbrutale Vorgehen des Staates zu protestieren. „Stattdessen haben wir Kurden uns anhören müssen, dass die Türkei eine Demokratie sei und diese Farce hat nun endlich ein Ende“ hebt Tanriverdi hervor.

Die neuerlichen Erfahrungen mit dem Demokratieverständnis des türkischen Staatsapparates erfordern nach Ansicht der Kurdischen Gemeinde Deutschland einen berechtigten kritischen Blick auf EU- Fähigkeit der Türkei, den Beitrittsprozess und vor allem der bedingungslosen Erfüllung der Kopenhagener Kriterien VOR einem EU-Beitritt der Türkei.