PRESSEMITTEILUNG: 45/2607-2015

 

2015-PE-45

Sein Krieg ist kein Strategiewechsel gegenüber dem IS, sondern ein Krieg gegen die Kurden

In der internationalen Öffentlichkeit wird der Eindruck erweckt, dass die Türkei einen Strategiewechsel vollzogen hätte und nun gegen den sogennanten islamischen Staat (IS) vorgehen würde. Die Wahrheit sieht aber anders aus:
In der Nacht von Freitag auf Samstag wurden anstatt IS-Stellungen in Syrien, vor allem PKK- Stellungen in Südkurdistan (Nordirak) bombardiert. Also genau u.a. diejenigen, die in den vergangenen zwölf Monaten gegen den IS aktiv gekämpft haben.

Wir haben eine bizarre Situation, die nicht verrückter sein kann. Das ist einmalig in der NATO- Geschichte, dass innerhalb des Bündnisses, der eine Partner, nämlich die Amerikaner, den IS angreifen, der andere Bündnispartner, die Türkei, zu gleicher Zeit den Gegner des IS, die Kurden bombardiert.Was macht das für ein Sinn, die IS-Dschihadisten zu bekämpfen und gleichzeitig die Kurden, ihren wichtigsten Gegner vor Ort, zu schwächen?

Der Kampf gegen den IS kann aber nur dann Erfolg versprechen, wenn die Türkei, anstatt die Kurden zu bekämpfen, endlich das Existenz- und Selbstbestimmungsrecht der Kurden anerkennt. Das muss auch die Bundesregierung klar und deutlich ihrem Nato-Partner Türkei sagen.

Nach dem verheerenden Anschlag mit über 30 Toten Jugendlichen in Suruc, wurden unter dem Vorwand angeblicher Operationen gegen IS-Mitglieder im Inland vorwiegend linke Oppositionelle und pro-kurdische Aktivisten festgenommen.

Die Opfer des feigen Anschlags von Suruc und die Menschen, die ihnen nahe stehen, werden damit von der Türkei zu Tätern gemacht.

Am Wochenende wurde zudem in Istanbul eine Großdemonstration gegen den IS verboten.

Sind das nicht genügend Fakten, damit die internationale Gemeinschaft die Türkei endlich in die Schranken weist?

Erdogan hat die Wahlen verloren und riskiert einen Bürgerkrieg, um weiter an der Macht zu bleiben. Erdogans Spannungs-Politik im In- und Ausland dient allein seinem Machterhalt. Nur so kann er sich bei Neuwahlen als die einzige Stabilitäts- und Ordnungsmacht präsentieren und die absolute Mehrheit gewinnen. Die verloren gegangenen nationalistischen Stimmen sollen zurückgeholt und die pro- kurdische HDP soll wieder unter die 10 Prozent-Hürde gedrückt werden.

Das ist die eigentliche Strategie hinter Erdogans Spannungs-Politik und kein wirklicher Strategiewechsel gegenüber den Dschihadisten des IS.

Um Erdogans Strategie aber ins leere laufen zu lassen, dürfen die Kurden jetzt nicht in die von Erdogan gestellte „Gewaltfalle“ tappen, sondern den Friedensprozess um jeden Preis fortsetzen.