Gedenken an Halabdscha

Am 16. März gedenken wir der Opfer des irakischen Giftgasangriffs auf die kurdische Stadt Halabdscha (Autonome Region Kurdistan) im Jahre 1988. An dem tödlichen Gas starben über 5.000 Menschen, weitere 7.000 wurden schwer verletzt und leiden bis heute an den Spätfolgen.

Am Aufbau des irakischen Chemiewaffenprogramms waren deutsche Firmen maßgeblich beteiligt, doch bis heute ist die deutsche Beteiligung kaum aufgearbeitet worden. Solange dieses Massaker nicht umfassend aufgearbeitet wird, bleibt dieses Ereignis ein Trauma im kollektiven Gedächtnis der Kurd:innen: nicht nur im Nahen Osten, sondern auch in Deutschland, wo man weiterhin ihre Mörder hofiert und sie weiterhin mit Waffen beliefert.

Im Folgenden veröffentlichen wir einen Ausschnitt aus einem Erfahrungsbericht eines Zeitzeugen.

„Es war ein schöner Frühlingstag. Kurz vor 11 Uhr vormittags […] explodierten Artilleriegeschosse in Halabdscha, und Flugzeuge begannen Bomben auf die Stadt abzuwerfen, vor allem im Norden der Stadt. Wir rannten in unseren Keller. Um 2 Uhr nachmittags, als die Bombenabwürfe weniger wurden, ging ich vorsichtig vom Keller in die Küche und brachte meiner Familie etwas zu essen. Als die Bombardierung aufgehört hatte, […] hörte ich ein langes merkwürdiges Geräusch, das sich wie Bombenexplosionen anhörte. Ein Mann kam in unser Haus gerannt und rief: ‚Gas! Gas!‘ Wir rannten zu unserem Auto, stiegen ein und schlossen die Autofenster. Ich glaube, wir fuhren über die Leichen von unschuldigen Opfern. Ich sah Menschen auf dem Boden liegen, die eine grünliche Flüssigkeit erbrachen, während andere hysterisch wurden und laut zu lachen begannen, bevor sie reglos zu Boden fielen. Später nahm ich einen Geruch wahr, der mich an Äpfel erinnerte, und fiel in Ohnmacht. Als ich erwachte, lagen Hunderte von Leichen verstreut um mich herum. Danach nahm ich in einem Keller in der Nähe Zuflucht. Ein hässlicher Geruch war überall in dieser Gegend. Es roch zuerst nach verfaulendem Abfall, aber dann kam ein süßer Geruch ähnlich wie der Duft von Äpfeln. (-)
Deine Liebsten, deine Freunde, du siehst, wie sie gehen und dann, wie Blätter zu Boden fallen. Es ist unbeschreiblich. Vögel fielen aus ihren Nestern, dann andere Tiere, schließlich Menschen. Es war die totale Vernichtung. Wer gehen konnte, verließ die Stadt zu Fuß. Wer ein Auto hatte, fuhr damit fort. Aber wer zu viele Kinder hatte, um sie auf den Schultern zu tragen, blieb in der Stadt und fiel dem Gas zum Opfer.“ (ekurd.net, 2008).

Ekurd Daily (2008). Halabja: Survivors talk about horror of attack, continuing ordeal. ekurd.net: [https://ekurd.net/mismas/articles/misc2008/3/independentstate2078.htm]