© Eric Lafforgue – Kurdistan

Internationaler Weltfrauentag

Baris Duran-Yildirim

Was anfänglich als Kampf um die Gleichberechtigung, Einführung des Wahlrechts für Frauen und die Emanzipation von Arbeiterinnen begann wird heute leider allenfalls als periphere Erinnerungskultur begannen.

Es erinnert nicht viel daran, dass der 8. März den Frauen gewidmet ist. Große Feiern, Konferenzen und Statements führender PolitikerInnen sucht man vergebens. Dieser Tag wird still begannen, zu still finde ich, denn eine selbstbestimmte Frau zu sein, scheint leider nicht mehr so selbstverständlich zu sein, wie wir es im 21. Jahrhundert eigentlich haben sollten.

Der aktuelle US- amerikanische Präsident Donald Trump ließ kaum eine Gelegenheit aus, um Frauen zu sexualisieren und mit sexistischen Kommentaren zu entwürdigen. In zahlreichen Städten unseres Landes haben wir entsetzt erfahren müssen, dass Schamgrenzen zum Teil kollektiv überwunden wurden und Frauen wie Freiwild behandelt worden sind, die man angrapschen, beleidigen und belästigen konnte.

In Kurdistan wurden Frauen im Namen eines fanatischen Islam tausendfach versklavt und vergewaltigt. Sie wurden entmündigt, entwürdigt und entehrt. Für viele setzt sich das Martyrium auch nach der Befreiung aus der IS- Gefangenschaft fort. Sie müssen ihren Platz in einer verunsicherten und entwurzelten Gemeinschaft finden und dabei ihre seelischen Verletzungen heilen. Als UN- Sonderbotschafterin macht die mutige Kurdin Nadia Murad auf das Schicksal der kurdischen Frauen unter der IS- Herrschaft aufmerksam. Ich bin so stolz auf sie, dass sie die Kraft und den Mut gefunden hat, über ihr Schicksal zu sprechen.

Grafik: Ali Ferzat, Quelle: Europäisches Parlament

Den Sacharow Preis des Europäischen Parlamentes erhielt Nadia Murad gemeinsam mit ihrer Leidensgenossin Lamiya Aji Bashar. Beide demonstrierten, wie würdevoll sie die das erfahrene Leid verarbeiten und selbstbewusst nach vorne blicken. Diese Frauen haben über den barbarischen Terror der Männer gesiegt.

Im ganzen Nahen Osten stehen die Frauenrechte nach wie vor zur Disposition. In Staaten wie Saudi Arabien oder Jemen sind sie noch nicht einmal rudimentär vorhanden. In den meisten anderen arabischen Staaten sowie Iran und der Türkei sind die Frauenrechte die ersten Opfer eines neo-konservativen Islam.

Das Frausein auch eine hoffnungsvolle Perspektive haben kann, beweisen die Kurdinnen und Kurden überall dort, wo sie ihre Gegenwart und Zukunft selbstbestimmt gestalten können. In Syrien und dem Irak besetzen Kurdinnen zahlreiche Führungspositionen in den politischen Bewegungen, in den Streitkräften und in den Behörden. Die kurdische Oppositionspartei HDP hatte den höchsten Frauenanteil unter den Fraktionen im türkischen Parlament und eine türkische Co- Parteivorsitzende.

Den Blick möchte ich aber auch auf unsere neue Heimat Deutschland richten.

Viele Frauen, die in zwei Kulturen groß werden sind den gesellschaftlichen Normen enormer ausgesetzt. Auf der einen Seite die westliche Welt und auf der anderen Seite die Ursprungskultur der Eltern. Es ist unbestreitbar, dass auch unsere westliche Welt in der Gleichberechtigung nachjustieren muss, aber die Diskrepanz zu vielen Ursprungkulturen ist immer noch vorhanden. Obwohl wir dieselben Möglichkeiten in Bildung und Beruf haben verdienen die Frauen bis zu einem Viertel weniger als ihre männlichen Kollegen. Mit der Entscheidung eine Familie zu gründen, können sie in dem Karrieretempo nicht mehr mithalten. Von den Vorurteilen im Berufsalltag ganz zu schweigen.

Für Frauen mit Migrationshintergrund fangen die Herausforderungen oft schon in der Familie und in der näheren Umgebung an. Die aus dem Grundgesetz resultierenden Rechte dringen nicht immer bis in die Familien durch. Denn hier ist es nicht die deutsche Gesellschaft, die die Normen vorgibt, sondern das soziale Umfeld der Familie. Angefangen vom Schulschwimmunterricht bis hin zu Heirat oder dem Beruf folgen Entscheidungen, denen es eine Abwägung zwischen dem deutschen Recht und kulturellen Pflichten bedarf.

Es gibt sicherlich einige unter uns die unter begünstigten Umfeld ihren Weg gehen. Oder einige, die sich von diesen kulturellen Ketten lösen, oft mit dem Preis sich von der Familie und der Kultur abzuwenden.

Das ein selbstbestimmtes Leben möglich ist und keinen kulturellen Bruch nach sich ziehen muss, ist die große Herausforderung, die wir in der Mädchen- und Frauenförderung in den Blick nehmen müssen. dazu wollen wir nicht nur die Mädchen und Frauen stärken, sondern auch die Elterngeneration gewinnen.