PRESSEERKLÄRUNG 179/1503-2018

Ein kurdischer Vater hält sein Neugeborenes in den Armen. Beide sind beim Giftgasangriff getötet worden.

Kurdische Gemeinde Deutschland gedenkt der Opfer des Genozids durch den irakischen Giftgasangriff vor 30 Jahren auf Halabja

Mit dem heutigen Tag jährt sich der Giftgaseinsatz in Halabja zum 30. Mal: Die irakische Luftwaffe bombardierte am 16. März 1988 im Auftrag Saddam Husseins die kurdische Stadt im Norden des Irak mit Nervenkampfstoffen. Vor dem schrecklichen Gift gab es kein Entkommen: Innerhalb weniger Stunden erstickten 5.000 Menschen qualvoll, darunter zahlreiche Frauen und Kinder. Viele weitere erlagen den Spätfolgen. Im Zuge der Operation „Anfal“ wurden in der Folge hunderttausend kurdische Zivilisten verschleppt, umgebracht oder umgesiedelt und mehr als 4.000 kurdische Dörfer zerstört oder in den entvölkerten Regionen arabische Bauern angesiedelt.

„Ein vergessener Völkermord, für den nur wenige zur Rechenschaft gezogen wurden. Auch weil internationale Wirtschaftsinteressen im Spiel waren“, meint Ali Ertan Toprak, Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland. Denn auch zahlreiche deutsche Firmen halfen dem Irak beim Aufbau jener Chemiewerke, in denen die Chemikalien produziert wurden, die den Menschen in Halabja zum Verhängnis wurden. Nur ein winziger Bruchteil der beteiligten Firmen wurde je juristisch dafür belangt. – Selbst nach dem Sturz Saddam Husseins warteten zahlreiche Überlebende auf eine eingehende Untersuchung oder Entschädigung. Toprak: „Seit 30 Jahren streitet die deutsche Regierung eine Mitverantwortung für die Vorfälle in Halabja ab.“

Das blutige Schicksal des kurdischen Volkes droht sich zu wiederholen. Gestern Halabja, heute Afrin. 30 Jahre später kommt, an einem anderen Schauplatz, wieder deutsche Militärtechnologie zum Einsatz, wenn KurdInnen Tod und Vertreibung ausgesetzt sind: „Seit Jahrzehnten profitieren deutsche Rüstungsfirmen von den Waffen- und Rüstungsexporten an die Türkei“, so Toprak. Neben Leopard-Panzern kommen auch Gewehre und Militärfahrzeuge aus deutscher Produktion derzeit im türkischen Krieg gegen Afrin zum Gebrauch. Allein seit 2017 hat die Bundesregierung Waffen- und Rüstungsexporte in die Türkei in zweistelliger Millionenhöhe genehmigt und ermöglicht damit einen Krieg, dessen völkerrechtliche Legitimität vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags als höchst zweifelhaft eingestuft wurde.

Die Kurdische Gemeinde Deutschland fordert die Bundesregierung auf, ein klares Zeichen für den Frieden zu setzen und alle Rüstungsexporte in die Türkei bis auf Weiteres zu stoppen. Die völkerrechtswidrige Invasion der Region Afrin darf nicht mit deutschen Waffen stattfinden. Anstatt dessen muss sich die Bundesregierung für ein sofortiges Ende des türkischen Angriffs auf Afrin einsetzen. Es ist höchste Zeit für eine entschiedene Friedenspolitik, die Kriegen als Form wirtschaftlicher Bereicherung eine Ende setzt!