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Offener Brief:
Hilfe für Kurdistan ausbauen – Genozid verhindern

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel,

sehr geehrter Herr Minister Gabriel,

wir wenden uns erneut an Sie angesichts der dramatischen Lage der kurdischen Yesiden und Christen im Nordirak. Im Sinjar-Gebirge und in der Region um Mossul sind noch immer 20-30 Tausend Menschen auf der Flucht. Obgleich sich ihre Zahl verringert hat – es waren zwischenzeitlich über 200.000 – ist jeder einzelne von ihnen einer zuviel. Dank des militärischen Einschreitens der USA, ihrer gezielten Luftschläge gegen Stellungen der IS (Islamischer Staat), der Unterstützung der kurdischen Peshmerga und der bereitgestellten Lebensmittel konnte vielen in Not geratenen Menschen geholfen werden.

Bundesaußenminister Steinmeier hat dem Präsident der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak,

Masud Barsani, im jüngsten Telefonat Unterstützung zugesagt und die Mittel für die humanitäre Hilfe laut aktuellen Angaben auf 4,4 Millionen Euro aufgestockt. Humanitäre Hilfe tut angesichts der dramatischen und lebensbedrohenden Lage für die Flüchtlinge in der Region absolut Not. Sie allein wird jedoch nicht ausreichen und vor allem nicht dazu führen, die IS-Terroristen auf ihrem grausigen Vormarsch zu stoppen. Die notleidende Bevölkerung ist die Folge dieses Terrors; man muss aber die Ursache selbst bekämpfen, um künftiges Leid zu verhindern.

Die Situation im Nordirak trägt zweifelsohne die Züge eines Völkermordes.

Auch die Bundesverteidigungsministerin von der Leyen spricht seit gestern von einem Genozid, den es zu verhindern gelte. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Nachdem, was bekannt ist, sind die kurdischen Truppen die einzigen, die den Terroristen am Boden konsequent die Stirn bieten. Sie verteidigen sich gegen einen brutalen Angriffskrieg der IS-Armee in Syrien, im Irak und in den kurdischen Gebieten. Sie verteidigen Werte, die unseren westlichen entsprechen, und handeln in unserem Sinne, wenn sie sich wehren. Die kurdischen Peshmerga-Kämpfer müssen unserer Ansicht nach aufgerüstet werden. Wir sind der Meinung, dass die brandgefährliche Lage Waffenlieferungen nach Kurdistan rechtfertigt, da es um Menschenleben geht, die gerettet werden müssen.

In der Bundesrepublik hat sich das Blatt in der Diskussion um Waffenlieferungen und militärische Hilfe erfreulicherweise gewendet: Am gestrigen Dienstag, 12. August, verkündete die Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, dass man mit Hochdruck prüfe, wie die irakische Armee und damit die Kurden durch deutsches Militärmaterial und Kriegsgerät unterstützt werden können. Und das so bald wie möglich.

Die Kurdische Gemeinde Deutschland begrüßt diese Wende in der Diskussion. Denn Kurdistan ist der Stabilitätsfaktor im Nahen Osten. Darauf haben sowohl wir als Kurdische Gemeinde als auch zahlreiche Experten immer wieder hingewiesen. Die Kurdische Autonomieregion ist heute eine der prosperierendsten und sichersten Regionen im Irak. Sie erfährt seit 2003 relativen Frieden und Wohlstand. Die kurdische Regierung setzt sich für ein friedliches Miteinander aller Bevölkerungsgruppen und Minderheiten ein. Kurdistan bietet – trotz seiner eigenen eingeschränkten Mittel – Zigtausenden eine sichere Zuflucht, vor allem in der aktuellen Situation. Dort, wo Kurden selbstbestimmt leben, entwickelt sich gegen den Trend im gesamten Raum eine Demokratie.

Wir stehen hinter dem jüngsten Vorstoß der Bundesregierung und möchten Sie dennoch ermutigen, sich auch intensiv mit den Möglichkeiten der Waffenlieferungen an die Kurden auseinanderzusetzen. In diesem Zusammenhang möchten wir Sie bitten, sich der Position Frankreichs anzuschließen, das sich inzwischen auf EU-Ebene für Waffenlieferungen an die nordirakischen Kurden einsetzt und die Möglichkeiten dafür prüft. „Auf die ein oder andere Weise“ müssten die Kurden „auf sichere Art Ausrüstung erhalten, mit der sie sich verteidigen und zum Gegenangriff übergehen können“, sagte der französische Außenminister Laurent Fabius am vergangenen Sonntag dem Fernsehsender France 2.

Für die barbarische IS kämpfen mehr als 3.000 EU-Staatsbürger. Die meisten von ihnen kommen aus England und Deutschland. Sie werden weder an der Ausreise aus noch an der Wiedereinreise nach Deutschland gehindert; die Polizei unternimmt nichts. Hierzulande muss schärfer gegen die Islamisten/Salafisten vorgegangen werden, die aus Syrien und dem Irak zurückkehren. Aus Deutschland stammende IS-Kämpfer sollten möglichst verhaftet und nicht nur vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Von ihnen geht Gefahr für die Allgemeinheit aus.

Wir dürfen das in Deutschland nicht so lange hinnehmen, bis unter anderen Bürger jüdischen und Kurden yezidischen Glaubens brutal angegriffen und/oder ihre Einrichtungen beschädigt werden.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Minister,

als Deutsch-Kurden und deutsche Staatsbürger begrüßen wir die Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung für die kurdische Bevölkerung ausdrücklich und möchten Sie dennoch bitten, weiterzugehen und auch Waffenlieferungen anzuberaumen.

Wir möchten Sie außerdem auffordern, Staaten wie Katar, die die IS-Terroristen unterstützen, zu sanktionieren und ihre Regime nicht auch noch mit Waffen und Kriegsgerät zu beliefern. Es ist eine Tatsache, dass die Waffen aus Katar “Made in Germany“ teilweise in die Hände der IS-Krieger gelangen.

Mit freundlichen Grüßen

gez.
Mehmet Tanriverdi
stellvertretender Vorsitzender

gez.
Cahit Basar
Generalsekretär