Pressemeldung 334/1701-2024

Tagesschau übernimmt unkritisch iranische Erklärung zum Angriff auf Erbil

In der Berichterstattung über die Angriffe des iranischen Regimes auf Erbil, Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan, hat die Tagesschau journalistische Gründlichkeit und Distanz zu Position von Diktaturen missen lassen.

Völlig unkritisch, und ohne dies zu hinterfragen, übernahm die Tagesschau in ihrer Berichterstattung die iranische Version, dass der Angriff Teherans auf bestehende Mossad Ziele gegolten habe. Die Übernahme von völlig erfundenen Vorwänden zur Rechtfertigung eines Angriffs sieht Mehmet Tanriverdi, stellvertretender Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland als „grobe Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht“.

Der Iran greift regelmäßig Kurd:innen sowie andere oppositionelle Gruppen, insbesondere unter dem Vorwand einer Nähe zu Israel, an. Die Angriffe vom 15. Januar 2024 haben ausschließlich Zivilpersonen, darunter einem elf Monate alten Baby, das Leben gekostet.

Die Vorwände der iranischen Revolutionsgarde sind erfunden: Die Strategie der Kriminalisierung durch die iranische Führung dient als Vorwand für weitere politische Gewalt gegen die kurdische Bevölkerung. Dieses Vorgehen ist nicht nur im Kontext des aktuellen Krieges in Israel und Gaza zu sehen, sondern ist Teil einer Reihe von Anschlägen seit dem vergangenen März. Diese Aspekte wurden jedoch in der Berichterstattung vollständig ausgelassen.

Tanriverdi weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „der Vorfall außerdem Irakisch-Kurdistan betrifft, eine Region, die sich sowohl sozial als auch politisch vom Zentralirak unterscheidet und aufgrund ihres autonomen Status besondere Beachtung in der politischen Berichterstattung verdient. Die Berichterstattung bleibt leider auch in diesem Punkt, weit hinter den Erwartungen zurück. Die Tagesschau Berichterstattung ist dafür geeignet, politischen Fehlanalysen Tür und Tor zu öffnen und eine Region weiter zu destabilisieren.

Das kurdische Autonomiegebiet wird häufig Ziel iranischer Angriffe, was von der Situation im Zentralirak abweicht, wo die Politik vielfach von Iran-nahen Gruppierungen beeinflusst wird. Eine Gleichsetzung beider Regionen verzerrt die Realität. Daher ist es unverständlich, warum ein unabhängiges Medienunternehmen ein einseitiges, politisches Framing bei der Berichterstattung anwendet, insbesondere in einer ohnehin unterrepräsentierten Region und einem marginalisierten Volk.

„Kurd:innen haben ein Recht auf eine würdevolle und wahrheitsgetreue Darstellung in den deutschen Medien, insbesondere dann, wenn die Anschuldigungen objektiv falsch sind“, resümiert Tanriverdi.

Die Kurdische Gemeinde Deutschland kritisiert die kontextlose Berichterstattung der Tagesschau scharf und appelliert an die Verantwortlichen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, eine objektive Wiedergabe der politischen Gemengelage in der Region durchzuführen.