Pressemitteilung: 258/1701-2020
Türkei auf der Libyenkonferenz falscher Partner: Ankaras Expansionspolitik muss ein Ende finden
Nachdem der völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei in Rojava (Westkurdistan) ohne internationale Sanktionen für Erdogan blieb, versucht dieser nun, seine neoosmanische Politik auf weitere Räume des Nahen Ostens auszudehnen: Mit der Entsendung türkischer Soldaten ins Bürgerkriegsland Libyen setzt Ankara seine aggressive Expansionspolitik in Nordafrika fort.
Dabei ist Ankaras Mission, in das Bürgerkriegschaos von Libyen einzugreifen und den Ministerpräsidenten Fajes al-Sarradsch, der den Muslimbrüdern nahesteht, militärisch und ökonomisch zu unterstützen, international höchst umstritten. Droht der innerlibysche Konflikt dadurch noch weiter zu eskalieren und eine politische Lösung in weite Ferne zu rücken.
Mehmet Tanriverdi, stellv. Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland, ist daher verärgert darüber, dass die Türkei auf der von Kanzlerin Merkel einberufenen Libyen-Konferenz am kommenden Sonntag in Berlin, ein Platz am Verhandlungstisch erhält: „Nicht zuletzt die völkerrechtswidrigen Angriffe in Afrin und Rojava haben uns gezeigt, dass die Türkei keinerlei Interesse an einer Stabilisierung der Region hat, sondern lediglich neoosmanische und islamistische Großmachtfantasien hegt“, so Tanriverdi. „Auch das despotische Verhalten Erdogans gegenüber Kurdinnen und Kurden sowie Oppositionellen im eigenen Land disqualifiziert Ankara als politischen Vermittler und lässt Erdogan als „Friedensstifter“ unglaubwürdig erscheinen. Es darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass mit Etablierung Erdogans als Partner in Libyen, ihm ein weiterer Joker in der Flüchtlingsfrage in die Hände zugespielt wird, den er jederzeit zur Erpressung der gesamten EU, wie er in den letzten Jahren mehrfach bewiesen, auch einsetzen wird.“
Auf den Einmarsch türkischer Truppen in Rojava folgte eine humanitäre Katastrophe, und hunderttausende Menschen verloren binnen weniger Tage ihre Existenz. Ähnliches stünde nun Libyen bevor, sollte die internationale Staatengemeinschaft keine klare Haltung gegen Erdogans Einmischung in Libyen finden, befürchtet Tanriverdi.
Der stellv. Bundesvorsitzende appelliert daher eindringlich an die teilnehmenden Staaten, vor allem an die Bundesrepublik und die Vetomächte, den Druck auf Ankara zu erhöhen: Statt einer weiteren militärischen Eskalation bedarf es nun dringend einer diplomatischen und politischen Lösung für Libyen. Die Türkei ist als Teilnehmer der Libyenkonferenz in Berlin eindeutig der falsche Partner.