
Vertrag von Sévres: Verpasste Chancen und anhaltende Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung
Am 10. August 1920 wurde im Pariser Vorort Sèvres der Vertrag von Sèvres unterzeichnet. Er markierte eine Zäsur für das Osmanische Reich, dessen territoriale Neuordnung durch die Siegermächte des Ersten Weltkriegs festgelegt wurde.
Im Vertrag war erstmals die Schaffung einer autonomen kurdischen Region vorgesehen, die der kurdischen Bevölkerung eine weitgehende Selbstverwaltung in Aussicht stellte. Diese Vereinbarung spiegelte die Interessen der Alliierten wider, ethnische Minderheiten im ehemaligen Osmanengebiet zu berücksichtigen und territoriale Ansprüche neu zu ordnen.
Für die kurdische Bevölkerung bedeutete der Vertrag eine historische Chance auf staatliche Selbstbestimmung. Die Umsetzung des Vertrags scheiterte jedoch an der politischen Realität.
Die türkische Nationalbewegung unter Mustafa Kemal Atatürk verweigerte die Anerkennung des Vertrags und führte in den folgenden Jahren Verhandlungen, die schließlich zum Vertrag von Lausanne 1923 führten. Dieser ersetzte Sèvres und verzichtete auf jedwede Regelung zur kurdischen Autonomie.
Seither werden jegliche Forderungen nach kurdischer Autonomie oder föderativen Strukturen in der Türkei, Syrien und dem Iran rigoros unterdrückt. Die kurdische Bevölkerung ist staatlicher Repression, systematischer Diskriminierung und gezielter Verfolgung ausgesetzt. Diese Praxis hat zu einer tiefgreifenden politischen Entrechtung und sozialen Marginalisierung geführt, die bis heute andauert und die kurdische Identität sowie ihre Rechte massiv bedroht.