PRESSEMITTEILUNG: 42/2304-2015
Völkermord an Armeniern

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Am Gedenktag des Völkermordes, am 24. April, wird sich der Bundestag mit diesem Thema beschäftigen.

Angesichts des massiven Drucks aus der Türkei und seitens zahlreicher türkischer Organisationen in Deutschland auf die Bundesregierung und die Abgeordneten des Deutschen Bundestags nimmt die Kurdische Gemeinde Deutschland zur Debatte um Anerkennung des Völkermords an den Armeniern vor 100 Jahren erneut Stellung.

Mehmet Tanriverdi, stellvertretender Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland ist fassungslos, wie ungeniert die türkische Regierung ihre Auffassung zum Völkermord an den Armeniern auf die Bundesregierung aufzuoktroyieren versucht.

Doch nicht nur aus Ankara kommt der Druck, die Geschichte so zu verstehen, wie es die türkische Staatsdoktrin vorgibt. Tanriverdi macht darauf aufmerksam, dass zahlreiche konservative und nationalistische türkische Migrantenorganisationen ebenfalls auf die Bundesregierung und die Abgeordneten des deutschen Bundestages Druck ausüben. In zahlreichen Schreiben wird auf das angeblich so einflussreiche türkische Wählerpotential und auf die guten deutsch-türkischen Beziehungen hingewiesen, die nicht leichtfertig belastet werden sollten. Die Meinungsfreiheit in diesem Land, die Unabhängigkeit des deutschen Parlaments und die Glaubwürdigkeit dieses Landes scheinen dabei für sie nur von nachrangiger Bedeutung zu sein.

Der bevorstehende morgige Beschluss des Bundestages könnte als historisch gewertet werden, wenn er sich weniger als diplomatischer Zick-Zack Kurs entpuppen würde, sondern sich an jenem Anspruch der historischen Aufarbeitung orientieren würde, die dazu beigetragen hat, dass die nationalsozialistische Vergangenheit bewältigt werden konnte und somit Deutschland seine Glaubwürdigkeit innerhalb der Weltgemeinschaft erlangen konnte.

„Ich hätte mir einen ehrlichen und den Nachfahren der Opfer würdigen Umgang mit dem ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts gewünscht“, so Mehmet Tanriverdi in seiner Beurteilung der aktuellen Debatte. „Der Versuch der Einflussnahme im Sinne der Türkei schade dem Ansehen der türkischen Migrantenorganisationen“ ist sich Mehmet Tanriverdi sicher. Er ist überzeugt davon, dass ein Großteil dieser Vereine Auslandsorganisationen der türkischen Parteien und Regierung sind, die ihre Anweisungen aus Ankara erhalten.

Umso mehr muss das deutsche Parlament für sich selbst und vor allem selbständig seinen eigenen Umgang mit der armenischen Geschichte klären und eine deutsche Haltung dazu entwickeln. Wir erwarten, dass die Parlamentarier der einzelnen Fraktionen sich nicht durch eine Entscheidung der Bundesregierung gebunden fühlen, sondern ihr freies Mandat ausüben und nur ihrem Gewissen folgen und den Völkermord als solchen anerkennen. Rücksichtnahmen auf nationalistische Völkermordsleugner ist hier die falsche Antwort, die vom deutschen Bundestag ausgehen sollte.

Die bisherigen türkischen Reaktionsmuster: verbieten, tabuisieren, verschleiern und bedrohen kann für unseren Umgang mit der Geschichte nicht wegweisend sein.