Pressemeldung: 319/3005-2023

Autokorsos und Feiern in Deutschland anlässlich des Wahlsiegs Erdogans

Im Zuge des Wahlsiegs Recep Tayyip Erdoğan am vergangenen Sonntag, der ihm die Bestätigung als Präsidenten einbrachte, kam es in deutschen Städten zu verstörenden Szenen.

Nach dem Bekanntwerden der Wahlergebnisse kam es bundesweit zu Feiern durch AKP-Anhänger:innen in Form von Autokorsos und spontanen Versammlungen.

In Stuttgart kam es infolge der Versammlung zu Angriffen auf mindestens drei Personen, mindestens eine Person wurde mit lebensbedrohlichen Stichverletzungen im Krankenhaus behandelt. In Mannheim kam es zu Ausschreitungen und ebenfalls zu Verletzten. Bundesweit wurde auf den Siegesfeiern der Erdogan-Wähler:innen nicht nur der Sieg eines Antidemokraten gefeiert, wiederholt wurden islamistische Sprechchöre angestimmt und Symbole der rechtsextremen Organisation der Grauen Wölfe gezeigt, die verantwortlich ist für Morde an politischen Gegnern und Angehörigen religiöser und ethnischer Minderheiten.

Als Gemeinde, die sich dem Erhalt und Ausbau der liberaleren Freiheiten der Bundesrepublik verpflichtet fühlt, irritiert es uns sehr, sehen zu müssen, dass dem Treiben rechtsextremer und islamistischer Gruppen in deutschen Innenstädten nichts entgegengesetzt wurde und die Polizei diese gewähren ließ.

Das Ergebnis von über 67 Prozent, der in Deutschland abgegeben Stimmen für Erdogan, lässt auch Zweifel an den Integrationsbemühungen der vergangenen Jahre aufkommen, wenn über eine halbe Million Menschen in Deutschland sich dafür entscheiden, ihre Stimme einem Präsidenten zu geben, der gegen Pressefreiheit und demokratische Werte und für religiösen Fundamentalismus steht.

Der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Ali Ertan Toprak, kommentiert die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl und die Ereignisse am Wahlabend in Deutschland wie folgt: »Wenn fast 2/3 der Gesellschaft in einem europäischen Land rechtsextreme und religiöse Parteien gewählt hätten, würde dies als europäischer Nationalismus, Rassismus und religiöser Fanatismus gewertet werden. Mit anderen Worten: Während Nationalismus und Rassismus in Europa geächtet sind, sind sie in der türkischen Gesellschaft der tolerierte „Normalfall“. Die Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist offenkundig. Türkische rechtsextreme Vereinsstrukturen muss die Bundesregierung endlich wahrnehmen und zum Schutze aller und der pluralen Demokratie handeln«.

Wir erwarten, dass die Bundesregierung sich dem offenkundigen Problem stellt und Maßnahmen ergreift, wie künftig Szenen wie jene am 29. Mai in Deutschland verhindert werden und Menschen vor Rassismen und Nationalismen geschützt werden können.