PRESSEERKLÄRUNG: 86/2706-2016

EU-Anpassungshilfe für die Türkei

EU-Anpassungshilfe für die Türkei


Die Zahlen sind erschreckend, das Ergebnis ist noch erschreckender

Kurdische Gemeinde Deutschland fordert Neujustierung der EU-Anpassungshilfe für die Türkei.

Der deutsche Anteil an der sogenannten Heranführungshilfe der Europäischen Union betrug von 2007 bis 2014 fast 1,1 Milliarden Euro. Die vom Bundesfinanzministerium vorgelegten Zahlen rufen bei Ali Ertan Toprak, Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Unverständnis hervor.

Toprak: „Die Zahlen sind erschreckend, das Ergebnis ist noch erschreckender. Trotz großzügiger Förderung stehen wir heute vor einem Scherbenhaufen. Das Geld aus Europa hat Erdogan nicht dazu genutzt, um sein Land an die europäischen Standards anzupassen, sondern die Türkei für sich passend zu machen“.

Die Liste des Schreckens ist dabei lang: Repression der Medien, Verfolgung der demokratischen Opposition, Krieg gegen die kurdische Bevölkerung, Unterstützung der IS- Terroristen oder außenpolitische Verwerfungen mit allen Nachbarländern sowie der Europäischen Union. Toprak könnte noch viel mehr aufzählen. Besonders ärgert ihn, dass die Bundesregierung trotz aller Verfehlungen dem Autokraten von Ankara für 2016 über 133 Millionen „Anpassungshilfe“ im Bundeshaushalt bereitgestellt habe. Diese außenpolitische Naivität kann Toprak nicht nachvollziehen. Noch vor wenigen Tagen sprach der türkische Staatspräsident Erdogan in einer öffentlichen Rede vom „hässlichen Gesicht Europas“ und ließ kein gutes Haar an der EU. Er stellte sogar ein Referendum in Aussicht, damit die Bevölkerung über einen EU- Beitritt abstimmen solle. „Quasi ein Austritt aus der EU noch vor dem Eintritt“, kommentiert Toprak den Vorstoß des türkischen Staatspräsidenten.

Dass sein Land in den letzten sieben Jahren jedoch über eine Milliarde Euro aus Deutschland und sicher noch eine weitere Milliarde von den restlichen EU -Staaten erhalten habe, verschweigt Erdogan geflissentlich, denn ein Ergebnis im Sinne der EU kann er nicht präsentieren, außer ein auf ihn maßgeschneidertes Land.

Der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde fordert daher, die bereits im Bundeshaushalt für 2016 vorgesehenen 133 Millionen Euro Anpassungshilfe so lange zu stoppen, bis sichergestellt ist, dass sie gezielt für eine Demokratisierung und nicht Autokratisierung des Landes verwendet wird. Damit könnten zum Beispiel die unabhängigen Medien und die europafreundlich-demokratische Zivilgesellschaft gestärkt, die zerstörte Infrastruktur in den kurdischen Gebieten aufgebaut werden. Auch Soforthilfen für verfolgte Minderheiten zur Erhaltung ihrer Kulturgüter wie z.B. Kirchen und Klöster, wären für Toprak denkbar. Ihm ist diese Art der Hilfe lieber als der Gedanke, dass Erdogan mit deutscher und europäischer Direkthilfe sein ganz persönliches Regime aufbaut.