Pressemitteilung: 225/0904-2019
Ab heute steht in München erstmals eine deutsche IS-Rückkehrerin wegen des Vorwurfs von Kriegsverbrechen vor Gericht. Die 27-jährige IS-Frau Jennifer W. wird auch beschuldigt, für den Hitzetod eines versklavten kurdisch-ezidischen Kindes mitverantwortlich gewesen zu sein. Zudem soll Jennifer W. als bewaffnete Sittenpolizistin des IS darüber gewacht haben, dass andere Frauen die vom IS aufgestellten Verhaltens- und Bekleidungsvorschriften einhielten.
Der Fall beleuchtet eine entscheidende Frage, die deutsche Gerichte und Sicherheitsbehörden zunehmend beschäftigen wird: Wie aktiv waren Frauen im Islamischen Staat und welcher Verbrechen haben sie sich direkt oder indirekt (mit)schuldig gemacht?
„Natürlich wird jeder Einzelfall individuell zu beurteilen sein, doch sollte man sich davor hüten, die Rolle der Frauen beim IS zu unterschätzen“, sagt Mehmet Tanriverdi, stellv. Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland. „Experten verweisen auf den wichtigen Part, den Frauen im Machtapparat der Terrororganisation innehatten: sei es bei der Anwerbung und Propagandaarbeit, bei der Versklavung kurdischer Frauen und Kinder ezidischen Glaubens, der Sittenüberwachung oder bei der ideologischen Erziehung der Kinder“, so Tanriverdi weiter.
Für den Prozess um Jennifer W. hat das Oberlandesgericht München nun 23 Verhandlungstermine angesetzt. Er ist ein wichtiges Exempel dafür, dass bei der strafrechtlichen Aufarbeitung der IS-Verbrechen künftig auch die Rolle der Frau beim IS kritisch hinterfragt werden muss.
Die Kurdische Gemeinde Deutschland appelliert an die Bundesregierung, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um die in den kurdischen Gebieten festgenommenen und dort in Haft sitzenden IS Kämpfer*innen mit deutschem Pass zurück zu holen, um ihnen in Deutschland den Prozess zu machen.